Mappa mundi:
eine mittelalterliche „Miniaturwelt“
im Schweizer Drei-Seen-Land?
Bild: „Die ganze Welt in einem Kleberblatt“ (meinte Kleeblatt), von H. Bünting 1581, Jerusalem ist im Zentrum der Karte, umgeben von drei Kontinenten; Bild gemeinfrei Im Mittelalter sah man Jerusalem als Zentrum oder den Nabel der Welt, oder der in Europa damals bekannten Welt :-) Und in vielen Regionen Europas hat man in diesen Zeiten Pilger- oder Prozessionswege angelegt, die eine „Reise nach Jerusalem“ in Miniaturform darstellten bzw. als verkleinerte Versionen einer Pilgerreise dorthin galten.
Viele Orte in Europa wurden Jerusalem geheissen, wir finden auch zahlreiche Bethlehems und sogar Jordan-Flüsse (so auch z.B. bei Bern, siehe dazu mein Video „Reise nach Jerusalem – bei den Deutschrittern von Bern“). In einem anderen Video suchte ich kürzlich Spuren & Indizien für eine weiteres mittelalterliches „Jerusalem-Backup“ beim Jolimont, am Bielersee in der Schweiz: „Jerusalem am Jolimont“. Dies in Form einer
„sakraltopografischen“ Alternative zum echten Jerusalem, gemeint als regionale Aufwertung bzw. Legitimation der eigenen Herrschaft, denn wer damals etwas auf sich hielt, sah seinen Machtbereich ebenfalls im „Zentrum der Welt“: Ein selbstbewusster Herrscher bzw. Hochadeliger liess sich da nicht lumpen, und hat oft viel Planung und Energie in seine Machtträume reingesteckt ;-) Und wenn möglich, mit Jerusalem im Zentrum seiner „kleinen Welt“. Auch, um vor Untertanen wie auch vor Konkurrenten sichtbar zu unterstreichen, dass die eigene Herrschaft eben „gottgegeben“ war...
Bild links: schematische Darstellung mittelalterlicher Weltkarten, aus „Meyers Konversationslexicon“, 1888; Bild rechts: eine TO-Karte von 1110, wiederum Jerusalem im Zentrum, beide Bilder gemeinfrei Natürlich waren die damaligen Weltkarten nie exakt oder geografisch akkurat, und auch nicht so gemeint: vielmehr waren sogenannte „Radkarten“ beliebt, auch „TO-Karten“
geheissen, dazu Zitat Wiktionary:
„Der bewohnte Teil der Erde, Ökumene genannt, erscheint darauf meistens dreigeteilt; das üblicherweise angewandte Modell war das sogenannte T-O-Schema, dessen Aufbau auf Isidor von Sevil a zurückgeht: In einen Kreis, bei dem der O
sten respektive der Orient oben steht ,
ist ein T eingefügt, das einerseits für das Kreuz Christi, andererseits für die Grenzen zwischen den drei Kontinenten steht.“
Und im Zentrum dieses gedachten „Weltrades“ oder der „mappa mundi“ stand natürlich immer Jerusalem, die Heilige Stadt, der Nabel der Welt, dort wo sich Himmel und Erde berühren. Was auch lokale Herrscher, wenn möglich, in ihrem Machtbereich anzulegen suchten. Natürlich wurden die damals geläufigen „mappae mundi“, also Karten der Welt, eher geistlich bzw. symbolisch verstanden und auch so angelegt. Und da konnten gewisse Städte, Landstriche und Regionen auch mal an ganz anderen Orten liegen, in ganz anderen Richtungen, wie auch Distanzen und Meere entsprechend verzerrt sein.
Schon bei meinen Recherchen zu vorhergehenden Videos mit dem Thema
„Mittelalterliches Jerusalem“ bei Bern bzw. beim Bielersee in der Schweiz fiel mir auf, dass gleich neben dem Jolimont (als weiterer möglicher „Jerusalem-Alternative“), ein Ort namens „Epagnier“ liegt. Da stellte sich die Frage: „Ist das möglicherweise ein
„Espagne“, für SPANIEN? Und siehe da: bereits 1163 hiess dieser Ort tatsächlich
„Espagnie“! Wenn wir den Urkunden glauben wollen – denn damals und auch später waren Fälschungen bzw. schamlose Rückdatierungen von Urkunden eher die Regel denn die Ausnahme1. Und unmittelbar daneben liegt das heute angeschlossene Dorf Marin, was namentlich schon mal das Meer ankündigt...
Und gleich daneben, zu Füssen des Jolimont, liegt dann das Dörfchen Gals. Dieses wurde 1165, also zu fraglicher Zeit, als die hochadeligen Herren von Fenis/Neuenburg die Region und den Jolimont beherrschten, „Galles“ geheissen, was für „Gallien“, also FRANKREICH steht. Und wie es der Zufall so will, hat Gals seit langer Zeit gleich drei (3) Lilien im Wappen. Die heraldische Lilie heisst auch „Fleur de Lys“, wobei „Lys“ der 1 Alle urkundlichen Datierungen/Angaben im Artikel sind entnommen aus dem „Historischen Lexikon der Schweiz – HLS“: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS) - Schweizer Geschichte (hls-dhs-dss.ch)
geläufige mittelalterliche Name für Frankreich war. Und Lilien durften nur Familien bzw.
Orte führen, welche sich um Frankreich oder das frz. Königshaus verdient gemacht haben. Passt also... und auch zum Städtchen Lyss bei Aarberg, unweit des Bielersees, das ebenfalls die Lilie im Wappen führt :-)
Bild der Bielersee-Region in der Schweiz gemeinfrei aus openstreetmap.ch; Markierungen vom Autor Wir hätten mit Jerusalem, Spanien und Frankreich also schon einen beträchtlichen Teil der damals bekannten Welt um den Jolimont beim Bielersee verortet. Daraus ergab sich dann fast zwangsläufig die Frage: gäbe es noch mehr Entsprechungen damals bekannter Länder & Regionen, die sich im Herrschaftsbereich der damaligen „Gründerherren“ (von Fenis/Neuenburg bzw. ihre später verselbständigten Ministerialen von Erlach) bzw. unweit davon um das mutmassliche Jolimont-Jerusalem gruppieren? Und Seen hat es in der betreffenden Region ja genug, wird sie doch auch „Drei-Seen-Land“ genannt; ein entsprechendes Mittelmeer würden wir also gratis dazu bekommen :-) und noch 2
weitere „Meere“ obendrauf...
Da wäre zunächst einmal das „Stedtli Erlach“ am Bielersee, welches um 1100 von den infrage kommenden Herren von Fenis/Neuchâtel gegründet wurde, und zu Füssen des Jolimont/Jerusalem liegt: wie in früheren Videos & Artikeln schon erwähnt, sind früheste Formen (bzw. Quellen) dieses Namens „Caereliacum“ und „Ciriliacum“: das könnte auch auf Karl (den Grossen) referenzieren, der vor über 1000 Jahren ein grosses Reich (das Frankenreich) beherrschte, das ungefähr das heutige FRANKREICH UND
DEUTSCHLAND umfasste. Erlach wäre somit ein „Karls-Ort“2, oder ein Tor dazu, gewissermassen :-) Und sah sich im Hoch- und Spätmittelalter nicht jeder nordalpine Herrscher in der hehren Tradition Karls des Grossen?
2 Erlach als „Karls-Ort“ ist eine Deutung des Berner Autors Christoph Pfister in „Die Ursprünge Berns“, vierte veränderte Auflage 2020, dort S. 122; auf diesen Autor gehe ich später nochmal ein. In vorigen Artikeln habe ich auch andere Deutungen dieses Ortsnamens ins Spiel gebracht, die natürlich ebenso plausibel sind.
Frankreich als Teil des Frankenreichs hätten wir auf unserer kleinen Weltkarte nun schon verortet; doch was ist mit deutschen Landen? Die fänden wir direkt auf der anderen Seeseite, namentlich im Diesse-Plateau, zu Füssen des Jura-Gebirges: Seit der Schlacht auf dem Lechfeld, wo König Otto der Grosse 955 die vier deutschsprachigen Stämme Franken, Schwaben, Bayern und Sachsen erstmals im Kampf gegen einen gemeinsamen Feind, hier die Ungarn einte, war auch südlich der Alpen erstmals die Rede von den „Tedesci“, als Sammelbezeichnung für die Deutschen. „Tedesci/Tedesco“
gründet sich möglicherweise auf „Tiu“ (Tiu, was wie das andere indoeuropäische
„Deo/Theo“ oder „Dio“ für Gott steht, war der gemeinsame Stammesgott aller Germanen) bzw. „Tiutsch“: für deutsch. Das Diesse-Plateau zu Füssen des Chasseral (der höchste Gipfel des Jura) ist benannt nach dem darauf liegenden Dörfchen Diesse.
Zu deutsch heisst das Diesse-Plateau „Tessenberg“: auch hier klingt „deutsch“
durch. Und ob Zufall oder nicht: gerade der Familienname „TEUTSCH“ ist auf dem Tessenberg seit jeher verankert und verbreitet! Gleich neben Diesse liegt dann noch das Dörfchen „Nods“: das könnte generell für „Nord“ stehen: ein Doppelcode gewissermassen :-)
Schauen wir nach Westeuropa, also nach England: fänden wir dieses auch? Vielleicht in
„Enges“, auf dem Chaumont, gleich neben dem Diesse-Plateau. Dieses Dörfchen hiess 1178 „en Enges“, also „in England“. Gleich daneben ist noch ein Weiler,
„Lordel“. Ein ungewöhnlicher Name, wo doch hier dazumal französisch oder frankoprovenzalisch gesprochen wurde. Ist das eine Anlehnung an das englische „Lord“?
ENGLAND bei Enges würde sich auch geografisch ganz gut in unsere kleine Weltkarte einfügen...
England könnte sich aber auch in Brüttelen verstecken, welches um 1142
„Britinie“ hiess. Der Name könnte aber auch etwas mit „Brücke“ zu tun haben, wie das Gemeindewappen nahelegt.
Und nehmen wir den Bielersee als gedachtes Mittelmeer, was vermuten wir gegenüber?
ÄGYPTEN. Wie ich in früheren Videos und Artikeln schon gezeigt habe, steht der alte Name von Vinelz (Dorf und Burg „Fenis“) woher auch die infrage kommenden Herren von Fenis/Neuenburg stammen, für den Phönix bzw. die Ägypter. Könnte aber auch für Phönizien stehen. Der Sankt Jodel oberhalb von Ins, wo damals eine Pilgerkapelle entlang des Jakobsweges stand, ist dem Hl. Sankt Theodul geweiht. Dieser entdeckte das Grab des Hl. Mauritius in Sion/Sitten, welcher ein Märtyrer der sagenhaften „Thebäischen Legion“ war. Diese Legion war ebenfalls ägyptisch.
Mitten im Bielersee liegt noch die bekannte „Sankt Petersinsel“, seit jeher mythologisch und religiös extrem aufgeladen. Diese trug ein Kloster (heute ein Restaurant darin), das dem Apostel Petrus geweiht war. Dieser unternahm Fahrten über das Mittelmeer, wo er viel predigte und bekehrte, bis er der Überlieferung nach in ROM anlangte. Wo heute noch der „Sankt Peter“, also der Petersdom, von ihm zeugt und kündet. Der Bielersee könnte aber auch, bildlich gesehen, für den See Genezareth stehen, wo ja bekannterweise eine Sturmepisode mit Petrus und dem Heiland überliefert ist. Und den italienischen Stiefel, worauf Rom liegt, fänden wir in der Landbrücke (heute sog. „Heidenweg“), die von Erlach zur Petersinsel führt. Dieser Weg ist zwar offiziell erst seit den grossen Juragewässerkorrektionen in der Region vom 19./20. Jh. aufgetaucht, doch das Seeland bzw. der See hatten auch früher schon zeitweise tiefere Wasserstände bzw. war Land, das später Sumpfland war, früher noch bebau- und bewohnbar, wohl auch schon zu Römerzeiten.
Bilder oben: Reste der Abtei Sankt Johannsen bei Erlach am Bielersee: Bilder vom Autor 2007
Kaum zwei Kilometer entfernt, fast bei Erlach, befinden sich noch heute Überreste der
„Abtei Sankt Johannsen“, welche dem Hl. Johannes dem Täufer geweiht war.
Dieses Patronat ist ein weiterer JERUSALEM-Bezug, auf den ich noch nicht eingegangen bin: in Jerusalem steht die Kirche Johannis des Täufers, wo der bekannte Kreuzfahrer-Orden der Johanniter gegründet wurde. Und die sind in der Region sehr präsent, weil die Herren von Fenis/Neuenburg (welche auch die Abtei Sankt Johannsen gegründet haben), dem Johanniter-Orden sehr zugetan waren, haben sie diesem doch etliche Gelder, Land und Habe gespendet.
Bild: „Europa um 1100“, aus einem historischen Atlas von 1923, gemeinfrei
Und wo sind in unserer regionalen mittealterlichen „Miniaturwelt“ die UNGARN, die damals (also ca. 100 Jahre bevor die fraglichen Herren von Fenis/Neuenburg die Macht in der Region übernahmen) halb Europa überranten? Der alte Name für das Volk der Ungarn (Nachfahren der Hunnen, also eigentlich „Hungarn“, war Magyar bzw. Magyaren, gesprochen „Madschar“, auch von „Magy“ oder „Megiern“ war die Rede): die Magy oder Magyaren könnten wir in Magglingen finden, frz. Macolin, oberhalb Biels. Und wie es der Zufall so will, ist gleich daneben die Flur „End der Welt“, wo heute die eidg.
Sportschule steht, und ein gleichnamiges Restaurant. Und wenn in dieser Zeit bzw. 100
Jahre zuvor, die Ungarn einfielen, war das für viele tatsächlich das Ende der Welt bzw.
deren Untergang, denn die Ungarn waren weit herum gefürchtet, galten gar als „Geissel Gottes“: viele überlebten ihre Angriffe nicht, andere wurden gebrandschatzt oder verschleppt etc. Und für einen Mittel- oder Westeuropäer begann gleich hinter dem Balkan bzw. dem heutigen Ungarn das grosse, unbekannte Asien bzw. markierten die Ungarn auch geografisch das „Ende der Welt“.
Bild: Einfälle der Ungarn im 10. Jh., lizenzfrei aus wikipedia commons, von „Csanady“ 2005
Schauen wir aber nochmal auf das Mittelmeer (bzw. unseren Bielersee): dort liegt bekanntlich auch Italien bzw. Sizilien. In Siselen (1160 „Sisilli“) fänden wir schon mal SIZILIEN bzw. das vorgeschichtliche Volk der Sizeler oder Sikeler, die Sizilien den Namen gaben. Und das Königreich Sizilien war damals weit grösser als die heutige Insel, es umfasste zusätzlich den ganzen südlichen Teil der italienischen Halbinsel.
Bild: Italien im 12. Jh., aus wikipedia commons, gemeinfrei
Der Berner Historiker und Chronologiekritiker Christoph Pfister (dillum.ch) - neben vielen anderen wie Anatoli Fomenko etc. - spricht von einer „Matrix der alten Geschichte“, also einer gross angelegten rückwirkenden Geschichtsfälschung, die zw. dem 16. und 18. Jh.
stattgefunden hätte, und Daten und Ereignisse völlig willkürlich und meist viel zu früh oder zu alt angesetzt hätte. Demnach hätten europaweit Obrigkeiten ihre regionale Geschichte gewissen „Blaupausen“ angepasst, die sich inhaltlich weitgehend decken: Julius Cäsars Geschichte, der Persienzug Alexanders des Grossen, die Geschichten von Troja, Neapel, und auch biblische Geschichten etc. Das würde man teils an verblüffenden Übereinstimmungen von Namen, Orten, Jahrescodes etc. erkennen. Er legt darin dar, dass die ganze Schweizer Gründungs- und Befreiungsgeschichte, vom Bundesbrief und Rütlischwur bis weit in die Reformation hinein Zeit ein „Abklatsch der Berner Geschichte“
sei3.
Was Pfister zum Thema Chronologiekritik und die wahren (aber verlorenen) Ursprünge Berns schreibt, ist gar nicht so abwegig und hat etwas für sich. Wenn wir beispielsweise seine Theorie eines landschaftlich nachempfundenen Alexanderzugs bei Bern (alias Alexanders Persienzug) als Steilvorlage nehmen, dann fänden wir Ähnliches auch um den Bielersee.
3 Christoph Pfister in „Die Ursprünge Berns“, vierte und veränderte Auflage 2020, dort S. 58
Bild: Alexander der Grosse in der Schlacht bei Issos, 333 v. Chr., Ausschnitt eines röm. Mosaiks, wohl aufgrund einer Vorlage aus dem 4. Jh. v. Chr., aus wikipedia free commons Dafür schauen wir zunächst in den Südosten des Bielersees (unseres gedachten Mittelmeers): in Walperswil finden wir einen Ortsnamen, der sonderbar und teils umstritten ist. Abgesehen von der Möglichkeit einer alemannischen Wortschöpfung (Personenname + Wil) könnten wir hier aber auch die Perser vorfinden, und zwar iVm Alexander dem Grossen und seinen Perserkriegen: Alexander zog beim Eingang nach Persien zunächst durch Gordion, wo er den berühmten gordischen Knoten mit dem Schwert durchtrennte (anstatt ihn zu entwirren), und so Persien offiziell den Krieg erklärte.
Unweit von Walperswil liegt schon mal Gurzelen (=Gordion?). „Wal“
ist ein altdeutsches Wort für „Kampfstätte“, und „Pers“ könnte auch für PERSIEN stehen. Walperswil könnte also „Ort der Perserschlacht“ heissen. Die Kirche Walperswil steht auf den Grundsteinen eines römischen Kastells, das eine wichtige regionale Strasse sicherte. War also in alter Zeit gar nicht so unbedeutend...
1228: „Walperssuivile“. Auch dieses „Persien“ könnte sich neben Sizilien und Ungarn geografisch gut in unserer kleinen Miniaturwelt sehen lassen.
Bild: Erklärung von „Wal“ oder „Walstatt“, aus Wiktionary, public domain
Gemäss C. Pfister ist in den nahe gelegenen Weilern Aspi und Spins (bei Aarberg) die Ortschaft Aspendus codiert, durch die Alexander der Grosse in seinen Perserkriegen ebenfalls zog4.
Zuletzt seien noch kurz ein paar weitere Seeländer Orte um den Mont Vully genannt, die dazu passende Länder oder Regionen einer mittelalterlichen Miniaturwelt markieren könnten:
Bild: lizenzfrei aus openstreetmap.ch, Markierungen vom Autor
Einige kuriose Orte und Namen aus der Umgebung des Mont Vully:
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Der Mont Vully hiess früher auf deutsch auch „Wistenlacherberg“ bzw.
„Wistenlach“. Wistenlach könnte ganz profan auch für „Wüste“ stehen.
Das könnte insofern Sinn machen, weil wir auf dem Mont Vully die Reste des sog.
„Tour des Sarrazins“ finden, eines mittelalterlichen Turms, auf deutsch
„Sarazenenturm“. Sarazenen war der geläufige europäische Begriff für die Muslime in Spanien und Nordafrika. Zudem stand auf dem Mont Vully der Sage nach früher noch ein zweiter Turm, der mit dem ersten, eben dem Sarazenenturm, angeblich mit einer sehr langen Hängebrücke verbunden war! Die zwei Türme (man denkt gleich an „Herr der Ringe“) könnten auch die 2 Säulen des Herakles symbolisiert haben, welche seit jeher die Meerenge von GIBRALTAR gemeint haben. Das würde zu Nordafrika, der Wüste und den 4 Christoph Pfister: „Die Ursprünge Berns“, S.91
Sarazenen sehr gut passen. Auf der anderen Seite des Murtensees liegt dann das namengebende Städtchen Murten (frühmittelalterlich „Muratum“), zudem auf dem Vully selbst das Dörfchen Mur. Beide Namen könnten auch für „schwarz“, also für Afrika stehen. Die Muslime in Spanien und Westafrika hiessen das Mittelalter hindurch bei den Europäern ja auch die „Mauren“, von „moro“, was die
„Schwarzen“
hiess.
Diese Sarazenen, die Wüste und das angedeutete Nordafrika würden ebenfalls geografisch glaubhaft neben den anderen „Ländern“ unserer kleinen Weltkarte bestehen!
Bilder oben: bewachsene Sanndünen bei Gampelen, Bilder vom Autor 2022
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Die im Wistenlach (Vully) angedeutete Wüste finden wir ein paar Kilometer vor dem Vully sogar ganz konkret, nämlich bei den diversen echten Sanddünen vor dem Dörfchen Gampelen! Dieses liegt gleich neben dem besagten Jolimont. Die dortigen Sanddünen sind die einzigen der Schweiz, und zeugen von dem Molasseboden (Sandstein), aus denen auch der Mont Vully und der Jolimont bestehen. Auch die Vegetation der heute mit Wald und Büschen bewachsenen Dünen ist entsprechend ungewöhnlich und für die Region einzigartig: sandliebende Gewächse, Gräser und Blumen... diese Sanddünen waren auch schon früher als solche bekannt (weisen gar mesolithische Siedlungsspuren auf) und nicht immer so bewachsen wie heute, lagen vielmehr zeitweise frei. Also haben wir sogar eine echte „Sandwüste“ vor dem Jolimont!
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Links, also im Westen des Mont Vully, liegt da die Ortschaft „Constantine“. Das könnte die Stadt KONSTANTINOPEL anzeigen, und damit das damalige Oströmische Reich bzw. Byzanz, das den weströmischen Nachbarn um Jahrhunderte überlebte, genauer bis 1453, und sehr reich, mächtig und in aller Munde war.
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Am Südufer des Murtensees wiederum liegt das Dörfchen Faoug (dt. „Pfauen“), wo im 19. Jh. im „Gefecht von Faoug“ die Landschaft gegen die sog. „Helvetische Republik“ kämpfte. Der Pfau wiederum ist ein christliches Symbol für u.a.
das damals sagenhafte INDIEN!
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Dann fiel mir noch Lugnorre auf, ebenfalls ein Dörfchen auf dem Mont Vully: dieses hiess in einer Urkunde von 1078 „Leuconatres“. Ein sehr ungewöhnlicher Name! Geht man diesem etwas nach, kommt man darauf, dass „Leukon“ ein Heros der altgriechischen Mythologie war, es also
mithin für GRIECHENLAND stehen könnte. Aber Leukon war auch der Name eines frühgeschichtlichen Königs der Krim bzw., Ländereien rund um das Schwarze Meer: „ein kluger, listenreicher Herrscher“, wie alte Quellen sagen.
Weil dieser aber vor Christi Geburt dort herrschte, kommt er hier wohl kaum infrage. Möglich ist es trotzdem. Also könnte Lugnorre alias „Leuconatres“ neben Griechenland auch die Krim oder das Schwarze Meer symbolisieren.
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Das Dörfchen Jeuss hinter dem Murtensee könnte ein Anagramm für Jesus, also ein weiteres ISRAEL sein.
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Zuletzt wäre noch die Ortschaft Golaten im Freiburgischen zu nennen, unweit des bisher genannten „Ensembles“ deren Name doch sehr an den biblischen Goliath erinnert! Dieser war ja bekanntlich Philister. Die Philister sind aber nichts anderes als die historischen PHÖNIZIER, welche wir ja bereits in Vinelz bzw. der dortigen Burg Fenis vorfinden. Ein weiteres codiertes „Phönizen“ machte zwar wenig Sinn, es könnte aber bereits zur Herrschaft einer anderen, benachbarten Dynastie gehört haben, welche ebenfalls einen „Weltspiegel“ in ihren Landen haben wollte :-)
Bild: lizenzfrei aus openstreetmap.ch, Markierung und Beschriftung vom Autor Es ist also auch möglich, dass eventuell codierte Länder und Regionen um den Mont Vully zum Machtbereich eines anderen Herrschers gehört haben. Sie würden aber auch durchaus unsere „mappa mundi“ um den Jolimont und Bielersee erweitern und plausibel ergänzen.
Einige der hier gezeigten Orte und Fluren, die Teile einer historischen „Miniaturwelt“
markieren könnten, sind sicher spekulativ und wenig eindeutig; andere aber sind dermassen auffällig und verblüffend, dass es einem fast schon die Sprache verschlägt...
Und nach dieser kleinen Tour de force raucht auch mir der Kopf :-) Sicher gäbe es noch andere Ortsnamen, eventuell alte Familien- und auch Flurnamen, die man in dieser Hinsicht abklopfen könnte. Diese Spurensuche ist also nur ein Anfang. Und sehr gerne können sich andere auf eine Suche oder Entdeckungsreisen begeben, die meine Spurensuche erweitern und ergänzen. Ein Anfang ist jedenfalls gemacht, und über weitere Meldungen oder Entdeckungen, die interessierte Leser oder Zuschauer in unserem kleinen „Spiegel der Welt“ machen, würde ich mich immer sehr freuen!
Bild oben: „Der Bücherwurm“, von Carl Spitzweg um 1850, gemeinfrei aus wikipedia commons Soweit vielen Dank, und bis hoffentlich bald in diesem Theater, Euer d-outremer alias Michael: tschü-üüüüss
Artikel von Michael Gauger, August 2022, alle Rechte vorbehalten; Zitate oder Wiederverwendung mit Nennung der Quelle erwünscht, aber nicht zu kommerziellen Zwecken. Dem Artikel wird voraussichtlich noch ein gleichnamiges Video folgen, auf Youtube und/oder bitchute: im Kanal „d-outremer“
schreibgauger@gmx.net
zeitreisen-seeland.ch
nurfuerreiche.jimdo.com
Hier ist der ursprüngliche Artikel eigentlich zu Ende, er hat eigentlich nur 12
Seiten. Aber für ein Einstellen in free-ebooks.net muss ein Artikel mindestens 20 Seiten lang sein.
Daher stelle ich auf den letzten Seiten noch ein paar Bilder ein, um den Artikel für diesen Zweck etwas zu „strecken“ :-)
Bild oben: Kirche Johannes des Täufers in Jerusalem, gegr. im 11. Jh. Hier nahm der Kreuzfahrerorden der Johanniter, dem die Herren von Fenis-Neuchâtel seinen Anfang, welche für das Hochmittelalter als
„Herren des Seelands“ gelten, und auch den berühmten Minnesänger Rudolf von Fenis-Neuenburg hervorgebracht haben. Aus wikipedia free commons, von „Chris06“, 2019
Hier nochmal der unbearbeitete Screenshot des betreffenden Gebiets rund um den Jolimont und den Bielersee; Bild lizenzfrei aus openstreetmap.ch
Und hier nochmal der Murtensee mit Umgebung, ebenfalls lizenzfrei aus openstreetmap.ch
Bild oben: eine weitere „mappa mundi“, also mittelalterliche Weltkarte, hier die sog. „Epstorfer Weltkarte“, um 1300 wohl im Epstorfer Kloster bei der Lüneburger Heide entstanden. Sie ist ebenfalls im „TO-Format“
gehalten, wie immer mit Jerusalem im Zentrum :-)
Hier die Aussicht vom Jolimont über das Schloss Erlach (um 1100 von den Herren von Fenis-Neuenburg gegründet) über den Bielersee; Foto vom Autor 2007
Bild oben: Ausschnitt aus, über die abgegangene (wohl um 1118/19 durch Erdbeben vernichtet) Burg Fenis bei Vinelz am Bielersee (wohl Stammburg der regionalen hochmittelalterlichen Herren von Fenis/Neuchâtel).
Auch Wolfram von Eschenbach nannte in seinem „Parzival“ von ca. 1210 den Phönix (als Gralssymbol) wortwortlich „Fenis“ ! Was ich aber in früheren Artikeln schon bearbeitet habe.
Der Phönix/Fenis jedenfalls ist ein Fabeltier, das aus dem alten Orient/Persien stammt, und vor allem in Mysterien und Ritus der alten Ägypter eine gewichtige Rolle spielte...
Und auch in der populären Gegenwartskultur begegnet er uns laufend, und recht aufdringlich...
Quelle: „Allgem. Helvetisches, eydegenössisches oder Schweitzerisches Lexikon“ von 1756
Bild oben: Schloss Neuchâtel/Neuenburg (am Neuenburger See) 2017, Quelle: Autor
Bild oben: Die Sankt Petersinsel, von Schernelz aus (oberhalb des Bielersees) gesehen; Foto vom Autor 2006
Bild oben: Schloss Erlach (oberhalb des Städtchens Erlach); Foto vom Autor 2001
Bild unten: Wappen derer von Erlach, welche ursprünglich Ministeriale, also Dienstherren derer von Fenis/Neuchâtel waren, und nach offiziellem Aussterben der Linie Fenis im Hochmittelalter sich verselbständigt haben (auch heute noch in der Schweiz sehr bedeutend, vor allem in bernischen Ämtern -
Juristen, Schultheissen, Staatssekretäre, Amtmänner, aber auch Künstler etc.).
Ein berühmter Vertreter dieser Dynastie war Rudolf von Erlach (14. Jh.), der erfolgreich Schlachten für die Berner geführt hat, und dem dort auch ein Reiterdenkmal gesetzt wurde.
Ein anderer von Erlach war der erste Schweizer in Amerika! Bildquelle: gemeinfrei Bild unten: Logo der „Berner Kantonalbank“ (gegr. im 19, Jh, sie ist halbstaatlich und wurde in den 90er-Jahren nach Fehlspekulationen vom Kanton Bern „gerettet“), welches bei Lichte betrachtet ein zur Seite gedrehtes Familienwappen derer von Erlach ist! Gehörten die von Erlach zu den Gründern/Hauptaktionären?
Das tut für das Thema des vorliegenden Artikels zwar nichts zur Sache, setzt aber die „Fundstücke“ in einen eigenen Zusammenhang, weil auch diese Familie eine mögliche „mappa mundi“ in der Region angelegt haben, oder erweitert haben könnte... Bildquelle: gemeinfrei