Halbwelt by Eftos - HTML preview

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(II) Gehirntransplantation

Selbst heute, drei Jahre nach der Retzlav-Katastrophe ist diese noch allen wach im Gedächtnis.

Dieser junge Major machte sich erst nach seinem Tod bezahlt. Sein mysteriöses Verschwinden dient bis heute als Abschreckung für Rebelkovs Untergebene und auch für die Medizin hat er mehr positive Auswirkungen als zunächst angenommen.

Retzlavs Todeskampf und seine finale Propofol-Betäubung waren Lehrreich.  Heute nun, da Rebelkovs Klon an der Reihe ist, um es kurz zu machen: Bei Ihm wurde anders vorgegangen.

Keine Intravenöse Betäubung mehr, keine ‚Kontrolluntersuchung‘. Nein. Neidhard Palmgren wurde sanft und friedlich schlafend, mitten in der Nacht durch eine Inhalationsanästhesie einer umgebauten Klimaanlage betäubt.

Gleich Danach wurde er vom Bergsanatorium hierher, runter nach Lyporo verbracht.

Es ist 7:00h früh. Noktios schleicht durch die Gänge des intensivmedizinischen Instituts. Auf dem Weg zum Operationssaal reicht Ihm eine Doktorandin ein Datapad.

Zwei Türen weiter steht Septimus Kholdrust im Rahmen. Chefarzt und Assistenz nicken sich kurz ab, dann reiht sich Dr. Kholdrust hinter Noktios ein.

Bald ist die Desinfektionskammer erreicht. Prof. Theoplus Noktios öffnet diese mittels Pad-Steuerbefehl.

Danach machen sich beide keimfrei in den Sterilen Raum dahinter, den eigentlichen Transplantationssaal.

Es ist angerichtet: Zwei Bahren. Links, aufgedunsen und alt der Original Rebelkov. Mit Kahlrasiertem Kopf liegt er da, eine Sauerstoffmaske über der Nase.

Rechts, 18 Jahre jung, Neidhard Palmgren, sein aus 100% Eigenzellmaterial hergestellter IPS-Klon. Sein Schädel wurde ebenfalls frisch rasiert.

Beide befinden sich im Tiefschlaf. Um sie herum die kompliziertesten Medizinischen Apparaturen. Eine davon, in doppelter Ausführung, ist der multispektrale Gehirnschneide-Laser neuester Generation, Kholdrusts Meisterstück.

Millimetergenau werden die Köpfe der Probanden justiert. Danach machen Sich die Mediziner parallel ans Werk und öffnen die Schädel. Zwei lebende Gehirne liegen vor Ihnen.

Kholdrust beblinzelt seinen Comm. Die zwei Oberflächensensitiven Multi-Spektral Schneidelaser scannen die Topologie der Gehirne.

Kurz darauf sind alle Koordinaten gesammelt. Kholdrust nickt Noktios an. Dieser gibt das Startsignal.

Damit es beim Durchtrennen der großen Blutgefäße unterhalb des Großhirns keine Sauerei gibt wird zuerst der Kreislauf der Patienten mittels Stromschlag zum Erliegen gebracht.

Nun schalen die zwei Laser absolut synchron die beiden Gehirne an der Großhirnperipherie entlang aus.

Zeitgleich werden diese final vom jeweiligen Körper gelöst. Sofort fahren zwei Transportvorrichtungen in Position. Zeit die Gehirne zu vertauschen.

Beide werden angesaugt. Die ausgehölten Schädel sind deutlich sichtbar. Eine weitere Apparatur spritzt Neurozellstimulatoren auf die Schnittfläche des alten Hirns und Palmgrens Stammhirn.

Jetzt wird Rebelkovs altes Hirn Mikrometer genau in seinen neuen, jungen Kopf eingepasst. Das 18-Jährige Hirn seines Klons Palmgren landet derweil unspektakulär im Abfall. Neidhards Leben inklusive aller Erinnerungen ist somit beendet.

Ganz anders jedoch ergeht es seinem bisherigen Körper. Multispektrales intrazelluläres Splicen ist im Gange. Die Oberflächenmoleküle der zellgenauen Schnittflächen verweben planmäßig. Per Stromschlag wird der Herzschlag wieder aktiviert.

Die Urfunktion eines jeden Hirns, der Selfish-Brain Effekt, umgangssprachlich Egoismus genannt, setzt schlagartig ein. Die Zellen sind verwoben, es wird bereits Energie aus dem neuen jungen Wirt gesaugt.

"Kreislauf stabil" murmelt Noktios. "Dann lass uns mal wieder zumachen."

"Gehirnaktivität normal" antwortet Kholdrust. "Wie bei den Versuchstieren. Die fast 50 OPs an Ihnen haben sich gelohnt. Schaut gut aus."

Anerkennend nickt Ihm Noktios zu. "Jetzt braucht er erst mal viel Ruhe. Ich schick die Assistenten rein." Meint Kholdrust anschließend.

Kurz darauf stehen tatsächlich zwei Assis auf der Matte, es sind dieselben wie bei Retzlav vor drei Jahren. Ihr fleißiges, umsichtiges Handeln damals hat Ihnen den Job bis heute gesichert.

Schmunzelnd begrüßt Sie Ihr Chef, Noktios. "Zuerst bringen Sie bitte den neuen Rebelkov rüber in die Intensivmedizinische Betreuung." Pflichtgemäß nicken beide.

"Danach verfüttern Sie bitte rückstandsfrei diesen Abfall hier." Er zeigt auf Rebelkovs aufgedunsene Leiche.

"Da hinten in der Rundablage befindet sich zudem noch ein Leckerli. Das verteilt Ihr an die Affen. Die sind ganz scharf auf junges Hirn." Beide bejahen dies mit selbstverständlichem Gesichtsausdruck.

"Wie immer Bericht zu mir und 100 Prozentige Abwicklung." Das war’s schon. Die schlauen Assistenten haben verstanden und machen sich sogleich ans Werk.

Noktios und Kohldrust schütteln sich die Hand, der Assistent Dr. Septimus Kholdrust verbleibt im Raume, kontrolliert gleich die Operationsdaten seines Lasers.

Chefarzt Prof. Dr. Theoplus Noktios verlässt den Ort des Geschehens ohne einen Blick zurück.