In alten Tagen gab es mal in einem Haus drei Töchter. Alle waren dem Alter nach eigentlich so weit, zu heiraten. Es kam dazu, daß die Älteste verheiratet wurde. Am Ende des prächtigen Hochzeitsfestes mußte sie dann die Hochzeitsnacht ertragen. Der Bräutigam löschte das Licht und wollte der Braut die Kleider ausziehen. Aber die Braut schämte sich und wollte die Kleider nicht ablegen. Der Bräutigam besah sich die Braut, die stumm und starr dasaß, ganz gleich, was er auch unternahm, und dachte bei sich: >Sieht so aus, als ob sie mich nicht leiden kann< — sein Stolz war verletzt, und er verschwand am nächsten Tag.
Die zweite Tochter wurde an einem weit entfernten Ort verheiratet. Sie hatte aus dem Mißgeschick der älteren Schwester gelernt, und so zog sie alle ihre Kleider aus, trug sie auf dem Kopf und ging splitternackt ins Brautgemach. Der Bräutigam, der so was sah, war so angewidert, daß er sich gleich aus dem Staub machte.
Auch die dritte Tochter wurde verheiratet. Durch die Erfahrungen ihrer Schwestern gewarnt, wollte es die dritte Tochter vorsichtig angehen. Die Hochzeitsnacht kam, die Braut stand vor der Zimmertür und fragte den Bräutigam: »Soll ich nackt hineinkommen, oder soll ich lieber die Kleider anlassen?« Als der Bräutigam das hörte, war er sprachlos, heimlich stieg er durchs Fenster, machte sich davon und soll nie mehr zurückgekommen sein.