Jenny by Sigrid Undset - HTML preview

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V.

Helge Gram saß eines Nachmittags im Verein und brütete über den norwegischen Zeitungen. Allein in dem dämmerigen Lesezimmer. Da kam Franziska.

Helge erhob sich und grüßte. Sie ging geradeswegs auf ihn zu und reichte ihm lächelnd die Hand:

„Nun, mein Lieber, was treiben Sie? Jenny und ich sprachen gerade von Ihnen — wir begriffen nicht, daß man Sie nicht sieht. Wir wollten am Sonnabend hierher gehen und nach Ihnen schauen und Sie hinterher auf einen kleinen Bummel mitnehmen. Haben Sie schon ein Zimmer?“

„Leider nein. Ich wohne noch im Hotel. Die Zimmer sind alle so teuer —.“

„Im Hotel wird es auch nicht billiger! Sie geben doch mindestens drei Franken pro Tag? Ja, das konnte ich mir denken. Rom ist nicht billig, wissen Sie. Im Winter muß man ein sonniges Zimmer haben. Aber freilich, Sie sprechen ja nicht Italienisch. Wären Sie doch nur zu uns heraufgekommen — Jenny und ich wären gern mit Ihnen gegangen, um etwas anzusehen.“

„Vielen Dank — aber damit konnte ich Sie doch wirklich nicht behelligen!“

„Behelligen — aber Gram. Doch wie geht es Ihnen — haben Sie Bekannte getroffen?“

„Nein. Ich war vergangenen Sonnabend oben im Verein, sprach aber mit niemandem. Ich saß und guckte in die Zeitungen. Ja doch, mit Heggen wechselte ich vorgestern in einem Café auf dem Corso ein paar Worte. Dann habe ich zwei deutsche Doktoren wiedergetroffen, die ich von Florenz her ein wenig kannte. Wir waren an einem dieser Tage draußen auf der Via Appia.“

„Uh. Hören Sie, sind deutsche Doktoren amüsant?“

Helge lächelte etwas verlegen.

„Wir haben ziemlich viel gemeinsame Interessen. Und wenn man so umhergeht und sonst niemanden hat, mit dem man reden kann —.“

„Ja, aber Sie müssen sich daran gewöhnen, Italienisch zu sprechen. Sie haben es ja gelernt. Wollen wir einen Spaziergang zusammen machen? Wir sprechen dann die ganze Zeit nur Italienisch miteinander. Ich werde Ihre maestra sein. Furchtbar streng!“

„Sie werden mich aber nicht besonders amüsant finden, Fräulein Jahrmann — höchstens unfreiwillig.“

„Still. — Nein, wissen Sie was, vorgestern reisten zwei dänische alte Damen nach Capri, vielleicht ist ihr Zimmer noch frei — ach sicherlich. Klein, billig und sehr nett. Ich habe den Namen der Straße nicht behalten, aber ich weiß, wo es ist. Soll ich Sie hinbegleiten, dann sehen wir es uns an? Kommen Sie also!“

Unten auf der Treppe zögerte sie einen Augenblick und blickte mit einem leisen, zaghaften Lächeln zu ihm auf:

„Ich war furchtbar ungezogen gegen Sie neulich Abend, als wir zusammen waren, Gram. Ich muß Sie wohl um Verzeihung bitten.“

„Aber liebes Fräulein Jahrmann!“

„Doch. Ich war aber krank. Oh, Sie können mir glauben, ich bekam Schelte von Jenny. Ich hatte es aber auch verdient.“

„Ich war es ja, der sich Ihnen aufdrängte. Aber es kam so von selbst — ich sah Sie, und ich hörte Sie Norwegisch sprechen; der Versuch, Sie anzureden, lockte zu sehr.“

„Ja, natürlich. Es hätte so nett sein können — so ein kleines Abenteuer. Wäre ich nur nicht so unartig gewesen. Aber ich war krank, wissen Sie. Ich bin tagsüber so nervös, dann kann ich nicht schlafen — und dann kann ich wieder nicht arbeiten. Schließlich werde ich unleidlich.“

„Geht es Ihnen augenblicklich nicht gut, Fräulein Jahrmann?“

„Ach nein. Jenny und Gunnar arbeiten — alle außer mir arbeiten. Wie geht es mit Ihrer Arbeit — gut? — Haben Sie nicht Freude daran? Ich sitze übrigens jetzt nachmittags für Jenny. Heute habe ich frei. Ich glaube, sie tut es nur, damit ich nicht so allein sein und grübeln soll. Mitunter fährt sie mit mir hinaus, jenseits der Mauern. Sie ist ganz wie eine Mutter zu mir. Mia cara mammina.

„Sie lieben Ihre Freundin sehr?“

„Sie ist so gut, so gut. Ich bin krankhaft und zerrissen. Keiner außer Jenny hält es auf die Dauer mit mir aus. Sie ist aber so klug und so begabt und energisch. Und schön — finden Sie sie nicht entzückend? Sie sollten ihr Haar sehen, wenn es offen niederfällt! Wenn ich ein artiges Kind bin, darf ich es kämmen und aufstecken —. Wir sind schon da,“ sagte sie dann.

Sie klommen eine unheimlich düstere Steintreppe hinauf: „Daraus darf man sich aber nichts machen. Unser Aufgang ist noch schlimmer; Sie werden es ja sehen, wenn Sie kommen und uns besuchen. Kommen Sie doch einen Abend; wir sehen dann, daß wir die anderen erwischen und gehen auf einen gediegenen Romabummel. Den letzten habe ich ja doch völlig verdorben.“

Sie läutete im obersten Stockwerk. Eine nett und gemütlich aussehende Frau öffnete ihnen. Sie führte sie in ein kleines Zimmer mit zwei Betten. Das Fenster ging auf einen grauen Hinterhof hinaus, vor den Fensterläden hing Wäsche, aber überall auf den Balkons standen Blumen, und hoch oben auf den grauen Dächern lagen Loggien und Lauben zwischen grünen Büschen.

Franziska redete endlich mit der Wirtin, während sie gleichzeitig in den Ofen guckte, die Betten befühlte und ihm zwischendurch Aufklärungen gab:

„Sonne ist hier den ganzen Vormittag. Wenn das eine Bett herauskommt, so ist hier reichlich Platz. Der Ofen sieht ordentlich aus. Es kostet vierzig Lire ohne Licht und Heizung und zwei für servizio. Das ist billig. Soll ich ihr sagen, daß Sie es annehmen? Sie können morgen einziehen, wenn Sie wollen!“ —

„Nichts zu danken. Sie können sich doch vorstellen, daß es mir Freude macht, Ihnen ein wenig zu helfen,“ sagte sie draußen auf der Treppe. „Wenn es Ihnen nur gefällt. Signora Papi ist sehr sauber, das weiß ich.“

„Gewiß eine seltene Tugend hierzulande?“

„Oh nein. Sie sind nicht anders als die Vermieterinnen daheim in Kristiania, glaube ich. Dort, wo meine Schwester und ich wohnten, in der Holbergstraße — ich hatte ein paar neue Lackschuhe unter das Bett gestellt — getraute mich aber nicht, sie wieder hervorzuholen. Manchmal guckte ich nach ihnen — sie standen da und sahen aus wie zwei weiße zottige Lämmchen.“

„Ja,“ sagte Helge. „Ich habe ja immer zuhause gewohnt.“

Franziska lachte plötzlich laut auf:

„Denken Sie, die Signora glaubte, ich sei Ihre moglie — daß wir beide dort wohnen sollten. Ich sagte, ich sei Ihre Kusine; sie kaute übrigens ein bißchen drauf herum. Cugina — das gilt sicher gleich wenig überall auf der Welt!“

Sie lachten beide einen Augenblick darüber.

„Haben Sie Lust zu einem Spaziergang?“ fragte Franziska plötzlich. „Wollen wir auf die Ponte Molle hinausgehen? Sind Sie schon dort gewesen? Können Sie auch noch so weit laufen? Wir fahren mit der Straßenbahn nach Hause, wissen Sie.“

„Können Sie auch noch — Sie sind doch nicht wohl?“

„Es tut mir gerade gut, zu laufen — bitte geh’, sagt Gunnar immer — ich meine Heggen.“

Sie plauderte ununterbrochen und lugte ab und an zu ihm hinauf, um sich zu überzeugen, daß sie ihn gut unterhalte. Sie gingen den neuen Weg längs des Tiber hinauf; der Strom wälzte sich gelblichgrau zwischen den grünen Hügeln dahin. Kleine perlmuttschimmernde Wölkchen lagen über des Monte Mario dunklem Gebüsch mit graugelben Villen zwischen den immergrünen Bäumen.

Franziska grüßte einen Konstabler und lachte zu Gram hinüber:

„Denken Sie sich, dieser Bursche hat mich heiraten wollen. Ich ging hier viel allein spazieren und dann pflegte ich mit ihm zu plaudern. Da fragte er mich. Der Sohn unseres Tabakhändlers hat übrigens auch um mich angehalten. Jenny schalt mich aus, sie sagte, es sei meine eigene Schuld, und das war es vielleicht auch.“

„Ich finde, Fräulein Winge schilt Sie recht oft. Sie scheint eine strenge Mama zu sein?“

„Nur, wenn ich es verdiene. Hätte es doch schon früher jemand getan,“ — sie seufzte. „Aber daran hat leider niemand gedacht.“

Helge Gram fühlte sich frei und leicht, wie er mit ihr dahinschritt. Etwas unsagbar Weiches lag über ihr, über dem Gang, der Stimme, dem Antlitz unter dem großen rauhen Glockenhut. Es war fast, als könne er Jenny Winge nicht recht leiden, wenn er jetzt an sie dachte — sie hatte so selbstsichere hellgraue Augen — und solch fürchterlichen Appetit. Cesca erzählte eben, daß sie in diesen Tagen fast nichts essen könne.

Und er sagte:

„Fräulein Winge ist gewiß eine junge Dame, die ganz von ihrer Eigenart durchdrungen ist?“

„Ja, weiß Gott, sie hat Charakter. Denken Sie — sie wollte immer schon malen. Mußte aber Lehrerin werden. Oh, wie hat sie gearbeitet! Ja, das sieht man ihr jetzt nicht an. Sie ist so stark, daß sie sich immer sofort wieder aufrichtet. Aber als ich sie zuerst auf der Malschule traf, da lag etwas Hartes und Verschlossenes — etwas Gepanzertes, sagt Gunnar, — über ihr. Sie war erschreckend zurückhaltend. Ich lernte sie gar nicht recht kennen, ehe sie hier herunter kam. Die Mutter ist zum zweiten Male Witwe — sie heißt jetzt Berner — drei kleine Stiefgeschwister sind auch da. Denken Sie nur, sie hatten zwei kleine Zimmer, und Jenny schlief in einer winzigen Mädchenkammer, arbeitete und studierte und bildete sich nebenher aus und half der Mutter mit Geld und auch im Hause; sie hatten kein Mädchen. Freunde oder Bekannte besaß sie nicht, wenn sie zu kämpfen hat, schließt sie sich gleichsam in sich ein, sie will nicht klagen; ist das Glück aber mit ihr, so ist es, als öffne sie die Arme allen, die eine Stütze an ihr suchen.“

Franziskas Wangen glühten. Sie schlug ihre großen Augen voll zu ihm auf:

„Ich, sehen Sie, ich habe keine Hindernisse gehabt außer denen, die ich mir selbst in den Weg legte. Ich bin etwas hysterisch, und dann lasse ich meine eigenen Stimmungen mit mir durchgehen. Aber Jenny spricht mit mir darüber; sie sagt, alles Leid, das uns begegnet, und nicht wieder gut zu machen ist, haben wir selbst verschuldet. Wenn man seinen Willen nicht genügend in der Gewalt hat, um seine Stimmungen und Handlungen zu beherrschen, wenn man nicht mehr Herr über sich selber ist, tut man am besten, sich zu erschießen, sagt Jenny.“

Helge blickte lächelnd auf sie nieder: „Sagt Jenny,“ und „Gunnar sagt,“ und „ich hatte einen Freund, der zu sagen pflegte“. Wie jung und vertrauensvoll sie doch war.

„Für Fräulein Winge gelten vielleicht andere Gesetze als für Sie,“ meinte er. „Können Sie sich das nicht denken, — so verschieden wie Sie sind, — selbst der Begriff ‚Leben‘ hat für zwei Menschen eine verschiedene Bedeutung.“

Sie waren auf die Brücke hinaussgelangt. Franziska lehnte sich über die Brüstung. Weiter oberhalb des Stromes am Fuße des bräunlichgrünen Hügels lag eine Fabrik, deren hoher schlanker Schornstein das geschäftige gelbe Wasser zitternd widerspiegelte. Weit hinter der welligen Ebene zeigten sich die Höhen der Sabinerberge, lehmgrau und kahl mit bläulichen Klüften und schneebedeckten Felsen im Hintergrund.

„Das hat Jenny gemalt, aber in glühroter Abendsonne Fabrik und Schornstein von rotem Lichte übergossen. Und die Stimmung, die nach einem so heißen Tage herrscht, an dem man die Felsen vor Dunst nicht sehen kann, höchstens einen leisen Schimmer des Schnees hoch oben in dem schweren, metallenen Blau. Und dazu Wolken, große Wolken über dem Schnee. Es ist schön, ich muß Jenny bitten, es Ihnen zu zeigen.“

„Kann man hier etwas Wein bekommen?“ fragte er.

„Es wird bald kühl, aber einen Augenblick können wir wohl draußen sitzen.“

Sie schlug den Weg über den runden Platz hinter der Brücke ein. Unter allen Osterien wählte sie einen kleinen Garten. Hinter einer Art Schuppen mit Tischen und Rohrstühlen stand eine Bank unter kahlen Ulmen. Vor dem Gärten lag eine grüne Wiese, dahinter erhob sich der Hügel jenseits des Stroms dunkel gegen den fahlen bewölkten Himmel.

Franziska brach einen Zweig von den Holunderbüschen längs des Gitters. Er trug kleine, grüne, frische Knospen, deren Spitzen in der Kälte schwarz angelaufen waren.

„Sehen Sie her, so stehen sie und schlagen aus und frieren den ganzen Winter. Und wenn der Lenz kommt, hat der Winter ihnen doch nichts anhaben können.“

Als sie den Zweig beiseite legte, ergriff er ihn. Er behielt ihn die ganze Zeit in der Hand.

Sie hatten sich Weißwein bestellt. Franziska mischte den ihren mit Wasser und nippte nur. Dann lächelte sie flehend:

„Wollen Sie mir eine Zigarette geben?“

„Mit Vergnügen, — wenn Sie es vertragen?“

„Ach, ich rauche ja jetzt fast gar nicht mehr. Meinetwegen unterläßt es auch Jenny fast ganz. Heute Abend übrigens vermute ich, daß sie sich wieder etwas zu Gemüte führt. Sie ist mit Gunnar zusammen.“

Das Licht des Zündhölzchens beleuchtete Franziskas lächelndes Antlitz.

„Sie dürfen es aber Jenny nicht erzählen, daß ich geraucht habe, hören Sie?“

„Nein, nein.“ Er lachte.

„Ja.“ Sie blies den Rauch gedankenvoll vor sich hin. „Ich wünschte so sehr, daß Jenny und Gunnar sich verheirateten. Ich fürchte aber, sie tun es nicht, — sie sind immer so gute Freunde gewesen. Dann verliebt man sich nicht so leicht ineinander, nicht wahr? Nicht in jemanden, den man von früher her so gut kennt. Sie sind sich im Grunde auch so ähnlich. Es sind aber die Gegensätze, die sich anziehen, sagt man. Ich finde, es ist dumm eingerichtet auf diese Weise — aber es stimmt sicher. Es wäre viel besser, man liebte jemanden, mit dem man geistesverwandt ist. Dann gäbe es die Not und das Leid nicht, die Liebe immer begleiten. Glauben Sie nicht auch? — Denken Sie, Gunnar stammt aus einer armen Häuslerfamilie drunten in Smaalene. Er kam aber nach Kristiania — eine Tante von ihm auf Grünerlökken nahm ihn zu sich, weil es bei ihm zu Hause sehr ärmlich zuging. Damals war er erst neun Jahre alt und mußte schon Wäsche austragen, die Tante hatte nämlich eine Plätterei, und später kam er in die Handwerkslehre. Was er kann und weiß, hat er sich selbst angeeignet. Er muß immer studieren, alles interessiert ihn dermaßen, daß er es bis auf den Grund kennen lernen muß. Jenny sagt, er vergißt ganz das Malen; jetzt hat er so gründlich Italienisch gelernt, daß er alle Bücher lesen kann, auch Verse. Jenny ist ebenso. Sie hat furchtbar viel gelernt, nur weil es sie interessierte. Ich kann aus Büchern niemals etwas lernen — ich bekomme Kopfschmerzen vom Lesen. Aber Jenny und Gunnar erzählen mir. Das behalte ich dann. Sie wissen sicher auch sehr viel. — Können Sie mir nicht ein wenig über ihr Studium erzählen? Das Schönste, das ich kenne, ist, wenn jemand mir erzählt. Das behalte ich gut.

Gunnar hat mich auch Malen gelehrt. Ich zeichnete immer als Kind — es fiel mir so leicht. Dann traf ich ihn einmal im Gebirge vor drei Jahren — ich war dort oben, um zu arbeiten. Ein wenig kannte ich ihn ja von früher her. Ich war also dort und malte Bilder — furchtbar ordentlich, aber ohne jede Spur von Kunst. Ich wußte es selbst sehr gut, kannte aber den Grund nicht. Ich wollte etwas in meine Bilder hineinbringen, aber ich wußte nicht recht, was, und ich ahnte nicht, wie ich mich dabei anstellen sollte. Aber dann sprach ich mit ihm. Zeigte ihm meine Sachen. Er konnte viel weniger als ich — ich meine technisch. Er ist auch nur ein Jahr älter als ich. Was er aber gelernt hatte, das beherrschte er. Ja, ich malte dann zwei Sommernachtsbilder. Dieses wundersame clairobscur — alle Farben liegen so tief, sind aber doch leuchtend stark. — Natürlich waren die Bilder nicht gut. Aber etwas war in ihnen, wie ich es haben wollte — ich konnte sehen, daß ich sie gemalt hatte, und nicht irgend ein anderes Mädel, das ein bißchen gelernt hatte —. Verstehen Sie mich? Ich habe ein Motiv hier draußen gefunden: einen anderen Weg zur Stadt. Wir gehen einmal da herunter. Es ist ein Weg zwischen zwei Gartenmauern — ganz schmal. An einer Stelle stehen zwei Portale im Barockstil mit Eisengittern. An jeder Seite erhebt sich eine Zypresse. Ich habe ein paar Federzeichnungen gemacht und sie ausgetuscht. Ueber den Zypressen schwebt eine schwere, tiefblaue Wolke, ein Schimmer von grünlicher Luft und ein blinkender Stern; Dächer und Kuppeln der Stadt weit, weit drinnen sind nur leise angedeutet —. Es sollte so ein gewisses Pathos haben, wissen Sie —.“

Es begann bereits stark zu dämmern. Ihr Antlitz leuchtete bleich unter dem Hut.

„Nicht wahr, finden Sie nicht — ich muß wieder gesund werden, um zu arbeiten —.“

„Ja,“ flüsterte er. „Ach ja — Liebste —.“

Er hörte, wie schwer sie atmete. Ein Weilchen war es still. Dann sagte er leise:

„Wieviel Freude Sie an Ihren Freunden haben, Fräulein Jahrmann.“

„— Und ich wünschte, daß alle Menschen meine Freunde wären. Ich will allen gut sein, verstehen Sie.“ Sie sagte das ganz leis, während sie tief aufatmete.

Helge Gram beugte sich plötzlich nieder und küßte ihre Hand, die weiß und klein auf dem Tische vor ihm lag.

„Ich danke Ihnen,“ flüsterte Franziska still.

Sie saßen einen Augenblick schweigend.

„Wir müssen gehen, lieber Freund, es wird jetzt so kalt ...“

Am nächsten Tage, als er Einzug in sein neues Zimmer hielt, stand auf dem Tisch mitten im Sonnenschein ein Majolikakrug mit kleinen blauen Iris. Die Signora erklärte, die Kusine hätte sie gebracht.

Als Helge allein war, beugte er sich über die Blumen und küßte sie alle — eine nach der anderen.