Die letzten Rätsel des Steinlachtals 1 von 3 - Neues von der Belsener Kapelle by Michael Gauger - HTML preview

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Kleiner Exkurs zum Tempelberg

Viel wurde und wird geredet vom angeblichen «Tempelberg». Das ist auch für unsere kleine Spurensuche interessant, denn es wäre sowohl für gläubige Juden wie auch für historisch Interessierte gut zu wissen, wo denn der Tempel des Salomo (bzw. der 2. Tempel des Herodes) wirklich stand. Dass der Salomonische bzw. Herodianische Tempel wirklich auf dem sog.

«Tempelberg» stand, ist aber sehr zweifelhaft. Warum?

a) Jesus Christus sagte, es werde vom (zu seiner Zeit Herodianischen, also zweiten) Tempel

«kein Stein auf dem anderen bleiben» (Matthäus 24, 2). Die sogenannte «Klagemauer»

steht aber noch. Und Jesus erwies sich in seinen Voraussagen immer als sehr präzise.

b) Sowohl biblische Angaben wie auch die von verschiedenen Zeitzeugen zeigen, dass der Tempel Salomos vermutlich auf dem Berg Zion97 stand, in der sog. «Davidsstadt» (welchen David von den Jebusitern eroberte, daher der Name), oberhalb der Quelle des Gihon.

Sie ist die einzige Quelle in Jerusalem. Und der Tempel- und Opferdienst benötigte Wasser.

Viel Wasser! Der Tempel könnte aber auch im südlichen Teil Jerusalems gestanden haben, beim früher sogenannten «Judenmarkt», wofür ebenfalls glaubhafte Indizien vorgebracht werden98.

c) Die Gröβe und Dimension: vieles spricht dafür, dass der sogenannte «Tempelberg» (als Ganzes!) der Festung Antonia entspricht, denn diese musste eine ganze römische Legion beherbergen, also ca. 5000-6000 Mann! Für ein befestigtes Legionslager wäre die kleine Burg Antonia, die in der nordwestlichen Ecke des Tempelbergs verortet wird, viel zu klein gewesen. Also «Tempelberg» = vermutlich Fort Antonia!

Daraus können wir 3 Dinge folgern:

1.) die modernen Israeliten könnten ihren neuen Tempel durchaus auf dem originalen Standplatz bauen, ohne damit den Muslimen ins Gehege zu kommen, denen seit den Zeiten der kolonialen Engländer der «Tempelberg» zugesprochen wurde. Was ja bis heute Anlass ist

für

Unruhen

und

Anschläge

zwischen

den

beiden

Lagern.

2.) Das ganze bisherige Gerangel um den «Tempelberg» (seit 1948, der Gründung des modernen Israel) war umsonst, weil dieser vermutlich nicht der echte Tempelberg ist.

3.) Die Frage: wurde mit dem Narrativ vom angeblichen «Tempelberg» eine moderne «urban myth» ins Werk gesetzt, zur Täuschung und Ablenkung, von wem auch immer?

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Die 2 Säulen (Jachin und Boaz)

Die zwei Halbsäulen, die den Eingang flankieren, sind natürlich unverkennbar die Säulen Jachin («er hat begründet») und Boaz («in ihm ist Kraft»)99 des Salomonischen Tempels. Zwei Säulen, die den Eingang in eine Kirche flankieren, finden wir sonst in der Region kaum bis selten, zumindest in jener Zeit. Und da die Tempelritter regelrechte «Salomonsritter» waren, W. Eggert meint sogar

«Vertreter Salomos», finden wir hier ein starkes Indiz auf diese als Baumeister.

Bernhard von Clairvaux, der Schutzpatron der Templer in ihrer Anfangszeit, und der Verfasser ihrer Ordensregel, würdigte den Salomonischen Tempel ganz besonders100! Er machte mit durchschlagenden Werbekampagnen den Templerorden in ganz Europa bekannt und beliebt. Und verfasste auch eine mystische Deutung des Hohelieds von Salomo an die Königin von Saba, mit nicht weniger als 86 Predigten (mehr dazu auf S. 42)!

Die zwei Säulen werden auch immer wieder mit Sonne und Mond in Verbindung gebracht bzw. mit der Sonnenlicht-Zunahme und der darauf folgenden Abnahme jeweils nach den Sonnenwenden.

Die Sommersonnwende wird in christlichem Kontext traditionell dem Hl. Johannes dem Täufer bzw. dem gleichnamigen Evangelisten zugeordnet, und hieβ auch dementsprechend «Johanni»

oder «Johannes Baptist», an denen jeweils «Johannisfeuer» abgebrannt wurden, die reinigend wirken sollten.

Die Sommersonnwende wird noch heute in mehreren Dörfern des Steinlachtals mit Festen und groβen Feuern zelebriert; als Kind habe ich diese damals auf der Olgahöhe (in Sichtweite der Belsener Kapelle) miterleben dürfen: alleine die einzigartige (Licht-)Stimmung dort war schon einen Besuch wert.

Bild: Illustration der 2 Säulen Jachin und Boaz vor dem Salomonischen Tempel, von Jim Padgett 1984, aus wikipedia commons: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en

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Der «Thron Salomos» in den 2 Tympani codiert?

6 «Sonnen» = 6 Stufen des Throns?

7 «Sonnen» links = 7-armiger Leuchter? 12 «Monde» rechts = 12 Löwen?

Gemäβ der Bibel (1. Könige 10, 19+20) hatte der Thron Salomos 6 Stufen, die von 12 Löwen flankiert wurden, zudem einen 7-armigen Leuchter darüber101.

Die Attribute des Throns sind in den beiden Tympani der Belsener Kapelle zwar nicht abgebildet, dafür aber ihre Zahlen (siehe Bilder oben)!

2 weitere Löwen bewachten den Thron des Salomo - waren die 2 verwitterten Dachträger ursprünglich Löwenköpfe?

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Die Menorah (der 7-armige Leuchter)

Der Altar der Belsener Kapelle, von hinten (Foto vom Autor, April 2023). Eine Referenz auf den 7-armigen Leuchter…

Der siebenarmige Leuchter («Menorah») soll nicht nur im Tempel, sondern auch über dem Thron Salomoni gewesen sein102. Er wird in Kirchen seit dem Mittelalter oft als «Jessebaum» dargestellt, also den Spross, aus dem Jesus Christus entsprang: so auch in der Belsener Kapelle. Dieses Altarkreuz ist aber neuer, und war vor 30-40 Jahren dort so nicht zu sehen. Eine ungewollte moderne Koinzidenz

Kurz zurück zum «Kleinen Bel»: dieses Figürchen über dem Eingangs-Tympanon könnte auch für das zeitweise beliebte Motiv des «Salomonischen Jesus» stehen. Diesen finden wir in der mittelalterlichen Sakralkunst immer wieder:

Bild: «Maria als Thron Salomonis», unbekannter Künstler um 1380; Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie, Jörg P. Anders:

Creative Commons — Attribution-ShareAlike 4.0 International — CC BY-SA 4.0

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Oft wurde Maria als «Thron Salomonis» gedacht, weil ja das Jesuskind der neue, quasi finale und vollkommene «Salomo», also der höchste, weiseste und gerechteste König ist! Somit könnte die Belsener Kapelle als Ganzes AUCH eine Referenz der Bauherren an dieses Motiv sein. Wieder im Rahmen mehrdeutiger, also «holografischer» Darstellungen.

Der siebenarmige Leuchter («Menorah»), der wie gesagt auch über dem Thron Salomoni gewesen sein soll103, wird oft auch als «Jessebaum» in neueren Kirchen dargestellt: siehe Bild auf der letzten Seite.

Im Eingangstympanon fänden wir noch ein weiteres «holografisches Bild» nämlich eine stark abstrahierte Kreuzigungsgruppe. . Das Motiv der Kreuzigungsgruppe zeigte im Mittelalter und später die bei der Kreuzigung anwesenden Personen Maria Muttergottes, Maria Magdalena (und Maria, Frau des Klopas), ebenso Johannes, den sogenannten «Lieblingsjünger Jesu». Er war der einzige der noch verbleibenden 11 Jünger Jesu (nach dem Abfall und Selbstmord des Judas), der bei der Kreuzigung des Heilands zugegen war.

Linke Seite der «Kreuzigung» mit 7 «Sonnen»: Maria Muttergottes musste 7 Schmerzen erleiden, durfte aber auch 7 Freuden erleben, 7 Dämonen hatten Maria Magdalena besessen, 7 Worte sprach Jesus am Kreuz, es gibt 7 Heilige Sakramente usw.104 Johannes wird in Kreuzigungsgruppen meist rechterseits des Kreuzes dargestellt, wie in der zentralen Kreuzigungsgruppe von Mathias Grünewald (um 1515) zu sehen:

Bild: Detail des Isenheimer Altars von Mathias Grünewald (um 1515), wikipedia free commons, Foto von user «Hic et nunt» 2016

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Rechte Seite der «Kreuzigung» mit 12 «Monden» (wenn es denn 12 sind): eventuell das Festtagsdatum des Hl. Johannes am 24. Juni (der in der Röm.-Kath. Kirche für Johannes den Täufer UND den Evangelisten begangen wird): Die Quersumme des Festtagsdatums ergibt:

2 + 4 + 6 = 12 (zur rechten Seite des Kreuzes!)

Die 12 könnte im Zusammenhang mit der Kreuzigungsgruppe auch für die Jünger Jesu stehen, da sie nach dem Verrat des Judas mit Maria Magdalena, der «Apostelin der Apostel», wieder die 12 vollgemacht haben. Mit dem Heiland zusammen also wieder ein Grüppchen von 13 - wenngleich die Jüngergruppe bei der Kreuzigung nur durch 2 mutige Menschen vertreten war: eben Maria Magdalena und Johannes. Es könnten auf der rechten Seite der «Kreuzigungsgruppe» also auch 13 «Monde» (als Entsprechung für Jesus mit den Jüngern) abgebildet sein. Leider sind sie zu verwittert, um sie genau zu zählen.

Die 7 und die 13 zusammen könnten aber wieder ein Bezug zu Salomons Tempel sein:

«Im vierten Jahr, im Monat Siw, wurde der Grund gelegt zum Hause des HERRN, und im elften Jahr, im Monat Bul, das ist der achte Monat, wurde das Haus vollendet, wie es sein sollte, so dass sie sieben Jahre daran bauten… aber an seinen Königshäusern baute Salomo dreizehn Jahre, bis er sie ganz vollendet hatte (1. Könige 6, 37-7,1)

Dass in vorchristlichen Kulten und Religionen das Jahr in 13 Monaten («Mondmonaten») gezählt und berechnet wurde, lasse ich hier mal auβen vor, weil ja noch mehrere Epochen

«zwischengeschaltet» waren (siehe auch auf S. 18 f.): die Römische Epoche und die Völkerwanderungszeit wie auch die Merowinger und Karolinger (ab dem 7. Jh.) haben alle das Jahr schon in 12 Monaten (angelehnt an die Sumerer/Babylonier) berechnet.

Zahlenspielereien…

Mit Quersummen aus arabischen Zahlen zu spielen, wäre für die Templer (oder auch Johanniter) gar nicht so abwegig gewesen. Nachdem arabische Zahlen (auch wegen der überaus praktischen

«Null») bereits vor 1000 bei vielen Europäern bekannt und in Gebrauch waren105, verstärkte sich deren Einfluss in Europa umso mehr nach dem Beginn der Kreuzzüge ab 1096. Wenngleich sich die römische Schreibweise von Zahlen noch länger erhielt. Quersummen und Zahlenspielereien aus arabischen (obschon ursprünglich indischen) Ziffern wären um 1150, der vermutlichen Erstellung der Belsener Kapelle, also durchaus vorstellbar.

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Im unteren Bild sehen wir links Maria Muttergottes, rechts den Apostel Johannes, wobei links ein Sonnen-, rechts ein Mondmotiv abgebildet sind, ganz wie im Eingangstympanon unserer Belsener Kapelle:

Bild: Kreuzigungsgruppe aus dem Sakramentar für das Kloster Lorsch (vermutlich 11. Jh.), public domain Tiere im Giebel = Opfertiere zu Passah, oder zur Einweihung des Tempels?

«Am vierzehnten Tag des ersten Monats sollt ihr das Pessach feiern, ein Fest von sieben Tagen.

Da soll man ungesäuerte Brote essen. Der Fürst soll an diesem Tag für sich und für das ganze

Volk im Land einen Stier zum Sündopfer bereitstellen. An den sieben Festtagen soll er als

Brandopfer für den HERRN sieben Stiere und sieben Widder, die ohne Fehler sind, bereitstellen,

und zwar an jedem der sieben Tage, dazu täglich einen Ziegenbock als Sündopfer. Für das

Speiseopfer soll er ein Efa Mehl je Stier und ein Efa Mehl je Widder bereitstellen, dazu je Efa

Mehl ein Hin Öl.» (Hesekiel 45, 21) Die Tiere im Giebel könnten aber auch für die Einweihung des Salomonischen Tempels stehen: zu diesem Anlass wurden unzählige Rinder und Schafe geopfert.

Die Bibel (1. Könige 8, 29) sagt dazu…

In Vers 5: «Und der König Salomo und die ganze Gemeinde Israel, die sich bei ihm versammelt hatte, ging mit ihm vor der Lade her und opferte Schafe und Rinder, so viel, dass man sie wegen ihrer Menge nicht zählen noch berechnen konnte.»

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Und in Vers 63: «Und Salomo opferte Dankopfer, die er dem HERRN opferte,

zweiundzwanzigtausend Rinder und hundertzwanzigtausend Schafe. So weihten sie das Haus des HERRN ein, der König und ganz Israel.»