(XIII) Punkt ohne Wiederkehr
"Spricht wer da?" quakt diesmal Svinenysh in sein Mikro. Die Antwort folgt sofort: Ein Blendstrahl direkt ins Cockpit.
Henley reicht’s jetzt bis zum Hals, er reibt sich die Augen. Auch wenn sie das mit Njall Linaesu heute vergessen können, so bleibt immer noch die Flucht. Wespley ist wendig und Henley ein ausgezeichneter Pilot. Er schnallt sich an.
Doch auch Herold ist bereits im Race-Modus. Er wartet nur auf die erste Aktion seines Gegners.
Da! Henley taucht ab, versucht an Herold vorbei wieder zurück Richtung Trivy zu gelangen. Dieser reißt sein Schiff herum. Full-Speed jagt er hinter seiner Beute her.
Weil er keine Laserwaffen an Bord hat und sein Strahl nur von vorne blendet versucht er den armen Wespley zu überholen. Dieser schlägt derweil Haken wie ein flüchtendes Kaninchen.
Herold ist zu allem bereit. Er holt auf und rammt das Heck des Ausreißers. Svinenysh schreit auf, Wespley wird aus der Bahn geworfen. Mit einem gekonnten Manöver platziert sich Herold erneut zwischen Ihm und dem Planet.
Sein Laserpointer ärgert Henley erneut. Er hält eine Hand vor Augen und kontrolliert den Bordcomputer. Glück im Unglück: Sein Schiff hat nur eine Schramme abbekommen.
Zweiter Ausbruchsversuch. Diesmal ist Henley schlauer: Er lässt seinen guten alten Wespley per anti-kollisions-Software das feindliche Schiff analysieren. Zum Glück ist ihm dieser Kniff eben eingefallen.
Herold hat nun keine Chance mehr Ihn zu rammen. Henley wehrt sich. Geschickt taucht Wespley immer wieder ab, rast weiter Richtung Heimat. Aber wohin dann? Lyporo? Auf keinen Fall. Nach Osten! Ja, Xonburi, sobald Zeit ist den Navi zu programmieren.
Herold hat nun tatsächlich schlechte Karten, seine Aktion droht zu scheitern. Verzweifelt sucht er nach einer neuen Strategie, da erweist sich sein zugegeben eher wenig beschlagener Copilot Gorcyzka als hilfreich. Er fordert erneute Unterstützung an.
Pech für Henley! Schon wieder zwei Punkte im Radar. MIL-Klasse direkt voraus. Der Schuss taucht unvermittelt auf. Ein Streifschuss, außen, neben dem Turb. Hier im Raum weniger gefährlich als im Luftraum, dennoch eine Warnung.
Henley zieht nach oben, überschlägt sich nach hinten. Herold schleudert fasst mit seinem Rocktar in seine Verbündeten. Er sprengt sie auseinander.
Also andere Richtung: Weiter nach draußen. Henley hat einen Vorsprung. Er sieht auf dem Schirm Herold aufholen. Die beiden MIL-Schiffe fallen leicht zurück. Ihre Bewaffnung macht Sie etwas langsamer als Henleys modernen Stax.
Herolds nagelneuer Stax II Rocktar bleibt Ihm jedoch auf fest den Fersen, mehr noch, er holt auf, ist sogar etwas flotter.
Wohin jetzt? Der Rückweg ist abgeschnitten. Der nächste Lasertreffer eventuell fatal. Wespley aufgeben? Niemals. Also weiter in den Raum. Sein Turb ist voll betankt, er weiß aus dem Collegeunterricht dass die Militärschiffe eine geringere Reichweite haben. Diese sollen ja nur den Orbit verteidigen. Eventuell hat er Glück und auch Herold muss bald die Segel streichen.
Links unten ist bereits der Eerx im satten Blau zu erkennen. Henley verschwendet keinen Gedanken an Landung, die wegen der Feinde viel zu riskant wäre. Er rast stattdessen weiter raus in die Nacht des Raah Systems.
Die Minuten vergehen. Immer noch sitzen die Verfolger Ihnen im Nacken. Herold hält derweil seinen Abstand. "Komisch" denkt sich Henley.
Dann endlich, wie erwartet, fallen Herolds Helfer zurück. Die sind anscheinend pleite, Ihr Ultrosin betreffend.
Auch Henley wirft einen Blick auf seinen Tank. Vierzig Prozent sind mittlerweile rausgefeuert. Das Impuls-Prinzip ist grausam.
Svinenysh ist verzweifelt. Er hat totalen Kommunikationsausfall, bekommt keine Verbindung, zu irgendjemand! Er beklopft seinen Comm.
"Das ist bestimmt ein Störsender von unserem Freund Herold" mutmaßt Henley: "Wahrscheinlich bekommen wir wieder ein Signal wenn wir Ihn endlich abgehängt haben."
"Svino, weißt du was das heißt?" Ängstlich dreht Svino den Kopf. Bang schaut er seinen besten Freund an.
"Ja Svino" knurrt dieser zurück: "Wir gehen raus hinter den Punkt ohne Wiederkehr. Nachdem Herold abgedreht ist funken wir um Hilfe."
Zögernd und Zähneklappernd signalisiert der junge Ruba schließlich seine Zustimmung.
An Bord seines Feindes ist man noch ruhig. Herold hat bekanntlich die neueste, zweite Generation der Stax-Klasse von seiner Mutter zum fünfzehnten bekommen. Diese übertrifft den armen Wespley um zehn Prozent Reichweite.
"Seltsam" murmelt Herold von Westarp "Jetzt gibt er Gas? Wo will der hin? Zum Attib? Ich bleib dran" sagt er abschließend.
An Bord des Wespley leuchtet mittlerweile eine weitere Kontrolllampe – Mehr als die zwei Drittel des Ultrosins ist nun verbraucht, der letzte Punkt der Wiederkehr zum Eerx, ist somit überschritten.
Auch Herold wird langsam mulmig: "Der macht tatsächlich keine Anstalten anzuhalten. Ist der noch bei Trost? Direkter Kurs zum Gasriesen…"
Kacper Gorcyzka schluckt. Auch Ihre Spritvorräte gehen nun zur Neige. Nur noch Zwei Prozent trennen Sie vor dem Punkt ohne jegliche Wiederkehr. Weit draußen sind sie! Ein Prozent Lichtgeschindigkeit trägt schnell. So ein Spaceturb ist ein toller Antrieb.
Tatsächlich sind beide dem unbewohnten Gasriesen deutlich näher als dem äußersten besiedelten Planeten, dem Wasserbedeckten Eerx, Heimat der Eemit.
Schließlich lässt sich Herold zurückfallen. Henley bemerkt dies sofort. Mehrere Dinge sind somit klar.
Erstens: Herold hat aus Irgendwelchen Gründen mehr Sprit an Bord.
Zweitens: Der Eerx ist unerreichbar. Herold versperrt den Weg, mit unbekannt mehr Reichweite. Ausweichmanöver? Vergessen! Braucht zu viel Energie.
Außerdem und viel gewichtiger dazu, könnten Herolds Freunde nochmal auftauchen bzw. andere direkt vom Wasserplaneten angefunkt werden.
Henley fasst den Entschluss: Raus zum Attib, tief in das Planetensystem des Raah. Sobald Herolds Störsender abklingt wird ein Notruf abgesetzt. Er weiß auch schon genau zu wem: Khi-Chi Kokoyama Petch-a-boon.
Da, es passiert: Herold stoppt, Impuls Null und wartet. Argwöhnisch betrachtet Henley seinen Comm. Immer noch "kein Netz". Herolds Schiff verschwindet vom Schirm. "Jetzt müssen wir doch langsam wieder Verbindung bekommen…" murmelt er fassungslos.
Leider liegt Prinz Henley mit dieser Annahme falsch. Herold hat den guten alten Wespley von seinen besten Spezialisten sabotieren lassen.
Schon direkt beim ersten Zusammentreffen im Orbit des Trivy hat er dann remote die Telekommunikationsanlage seines Gegners kaltgestellt. Jegliche externe Verbindung ist seither unmöglich.
Herold von Westarp hat somit seine Tauglichkeit bewiesen: Auf äußerst clevere Art und Weise hat er einen Kontrahenten ausgeschaltet.
Du bist allein im Deep-Space, junger Prinz.