Märchen aus Korea by tr.Hans-Jürgen Zaborowski - HTML preview

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18.  Das Goldschwein und der Bürgermeister




In alten Tagen lebte in den Bergen des Kreises Kúksón, im Bezirk Kimhwa in der Provinz Kangwón, ein Goldschwein. Dieses Goldschwein konnte seine Gestalt beliebig wechseln, es konnte sich in jedes andere Tier verwandeln und selbstverständlich auch in einen Menschen.

Einmal hat das Goldschwein, ohne daß es jemand bemerkte, den Bürgermeister von Kimhwa mitgenommen in seine Höhle, ihn aber nicht gleich gefressen, sondern ihn für sich arbeiten lassen.

Eines Tages fragte das Goldschwein den Bürgermeister: »Was fürchtest du denn am meisten in der Welt?« Der Bürgermeister antwortete: »Am meisten in der Welt fürchte ich Reiskuchen« — und dann fragte der Bürgermeister das Goldschwein: »Was fürchtest du denn am meisten in der Welt?« — »Ich fürchte auf der Welt am meisten die Haut der Rehe«, sagte das Goldschwein und schüttelte sich.

Am nächsten Tag wollte das Goldschwein irgendwo hingehen, doch vorher hat es vor die Höhlentür viele Reiskuchen hingestellt, weil ja der Bürgermeister sie am meisten fürchtete und er nun nicht entfliehen würde. Dann ist das Goldschwein fortgegangen.

Der Bürgermeister in der Höhle konnte zwar nicht entfliehen, aber er aß fleißig von den vielen Reiskuchen, die er über alles in der Welt gern hatte. So ging das ein paar Tage. Er dachte oft darüber nach, wie er aus der Höhle entfliehen könnte, aber er sah keine Möglichkeit. Dann, nach ein paar Tagen, dachte er daran, daß das Schwein gesagt hatte: »Ich fürchte auf der Welt am meisten die Haut der Rehe.« Er suchte an allen möglichen Plätzen nach Rehhaut, aber in der Höhle war nichts dergleichen zu finden. >Wenn es das nur gäbe<, dachte er, als er vor der verschlossenen Höhlentür stand. Da fiel ihm ein, daß er an seinem Gürtel einen Schlüsselring hatte. Dieser Schlüsselring war zwar ganz klein — aber tatsächlich aus Rehhaut!

Zu sich selbst sprach er: »Daß ich das nur habe!« Und er war überfroh. Gerade da kam das Goldschwein wieder herein, schüttelte nur den Kopf — und brachte die Frau des Bürgermeisters mit! Als der das sah, erschrak er ganz schön. Doch dann dachte er — jetzt oder nie! Er zog das Stück Rehhaut, das er an seinem Gürtel gefunden hatte, hervor und streckte es dem Goldschwein hin. »Du Kerl du! Weißt du, was das ist?« brüllte er.

Das Goldschwein sah nur die Haut, ihm schwanden plötzlich alle Kräfte, es fiel zu Boden und zitterte am ganzen Leib. Da faßte der Bürgermeister noch mehr Mut, und er erstach das Goldschwein mit seinem Messer.

Dann sind die beiden, der Bürgermeister und seine Frau, nach Hause zurückgekehrt und haben viele Schätze aus der Höhle mitgenommen und sind sehr reich geworden.