Märchen aus Korea by tr.Hans-Jürgen Zaborowski - HTML preview

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25. Der rote Punkt




Der Herrscher des Landes hatte nur eine einzige geliebte Prinzessin. Sie war wirklich schön wie die Feen, von denen in alten Geschichten erzählt wird.

Der König ließ einen Maler rufen und gab ihm den Befehl, ein Bild von der Prinzessin zu malen. Dieser Maler verstand sich nicht nur gut auf seine Kunst, er war auch ein überaus aufrechter Mann. Und das hatte nicht irgendjemand über ihn gesagt, sondern der König selbst. Jetzt war das wichtigste — die Prinzessin sollte gemalt werden. Der Maler ging ganz in seiner Arbeit auf, und so entstand ein bewundernswertes Bild. Als es fast fertig war, schon bald dem König überreicht werden sollte, hat der Maler nicht aufgepaßt, er hat den Pinsel fallen lassen: gerade da, wo auf dem Bild der Bauch der Prinzessin war, gab es einen roten Punkt.

»Das ist schlimm!« sagte der Maler und meinte, es gehe wohl nicht anders, als das Bild noch einmal zu malen. Aber dann dachte er weiter nach. Hatte er doch bis dahin voller Hingabe gemalt, und nun war ihm der Pinsel aus der Hand gefallen. So etwas konnte ja auch eine höhere Fügung sein! So dachte er — und überreichte dem König das Bild mit dem roten Punkt.

Als der König das Bild betrachtete, erschrak er. »Warum erschreckt Ihr?« Seit ihrer Geburt hat die Prinzessin tatsächlich auf dem Bauch einen roten Punkt gehabt! »Er kann ein noch so begabter Maler sein, aber auch dann darf er das nicht malen, was man nicht sieht! Der Maler ist ein unanständiger Kerl! Schnell, steckt ihn in den Kerker!«

Der König war zu ärgerlich, deshalb befahl er seinen Untergebenen so etwas. Aber alle wußten doch von früher, daß der Maler ein aufrechter Mann war, der immer nur Rechtes getan hatte.

So traten die Diener vor den König und baten ihn, dem Maler zu vergeben. Der König wollte den Maler einer Prüfung unterziehen. »Letzte Nacht hatte ich einen seltsamen Traum. Versuch du zu malen, was ich im Traum gesehen habe. Wenn du gut malst, dann will ich dich am Leben lassen.«

Der Maler hörte den König an, ehrerbietig griff er nach dem Pinsel. Ohne lange zu überlegen, malte er elf Buddhas auf sein Papier. Es war das ein Bild, das sich nicht im geringsten von dem unterschied, das der König im Traum gesehen hatte. »Du bist wirklich ein großer Maler. Wenn nicht der Buddha selbst dir geholfen hätte, kaum hätte das dann so werden können.« Der König war voller Bewunderung, er hat dem Maler nicht nur verziehen, er hat ihm auch noch viele Geschenke gemacht.