Märchen aus Korea by tr.Hans-Jürgen Zaborowski - HTML preview

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26.  Die Leute aus Kaesóng und die Leute aus Suwón




Schon in alter Zeit war es weitverbreitet, und auch heute noch weiß man, die Leute aus Kaesóng und die Leute aus Suwón sind bekannt für ihren Geiz. Ja, und deshalb sind die Leute aus Kaesóng nicht nur meistens sehr schnell reich geworden, auch die Frauen verstanden es, im Haushalt sehr sparsam auszukommen, nichts ließen sie umkommen. Deshalb sagte man, wenn jemand ein Mädchen aus Kaesóng heiratete: »In seinem Haus wird nichts schiefgehen«, oder man sagte auch: »Das Glück ist eingekehrt.« Von den Leuten aus Suwón sprach man ganz ähnlich. In Kleinigkeiten waren die ganz groß, bei ihnen mußte immer alles ganz genau gehen, und wenn es um Sparsamkeit ging — da wollten sie sich von niemandem schlagen lassen.

Zufällig kam es nun eines Tages so, daß einer aus Kaesóng mit einem aus Suwón unterwegs zusammentraf. Der eine erzählte diese Geschichte, der andere jene, und weil beide Angst hatten, sie durchzulaufen — hatten sie ihre Strohsandalen am Gürtel festgeknüpft und liefen barfuß.

So waren sie eine ganze Weile gemeinsam unterwegs, als ihnen ein junges Mädchen aus einer vornehmen Familie entgegenkam. Den beiden blieb, wollten sie nicht das Gesicht verlieren, nichts anderes übrig, als ihre Sandalen anzuziehen. Beide zogen sich ihre Schuhe an.

Der aus Kaesóng zog die Strohsandalen an, lief ein paar Schritte damit, bis das Mädchen samt Gefolge vorbei und verschwunden war, zog dann gleich die Sandalen wieder aus, klopfte den Staub ab, besah sich ganz genau, wieviel sie dünner geworden waren, dann hängte er sie wieder an seinen Gürtel.

Der aus Suwón blieb am Wegrand stehen, zog seine Strohsandalen an, er tat so, als ob er in die Ferne umherschaute und ihn alles andere gar nichts angehe. So wartete er, bis das Mädchen mit seinem Gefolge vorbeigezogen war, dann zog er gleich seine Sandalen wieder aus, klopfte den Staub ab und knüpfte sie wieder an seinen Gürtel.

Seitdem meint man überall, daß die Leute aus Suwón doch noch geiziger sind als die aus Kaesóng.