Märchen aus Korea by tr.Hans-Jürgen Zaborowski - HTML preview

PLEASE NOTE: This is an HTML preview only and some elements such as links or page numbers may be incorrect.
Download the book in PDF, ePub, Kindle for a complete version.

35.  Laß mein Junges frei




In alten Tagen kam ein Mann mit Geld, das er beim Verkauf einer Kuh erlöst hatte, daher — und traf auf Räuber, die ihm nicht nur sein Geld, sondern auch sein Leben nahmen. In seinem Dorf nun gab es einen Mann, der das Zwitschern der Vögel verstand, und einen, der nach dem Fleischgeschmack unterscheiden konnte, ob ein Tier durch eine Krankheit gestorben war oder nicht.

Diese beiden waren eines Tages gemeinsam unterwegs zum Markt, als auf einem Kiefernbaum ein Rabe krächzte.

Da fragte der, der den Fleischgeschmack kannte, den Vogelstimmenkenner: »Was heißt denn das? Du verstehst doch die Vogelsprache«, und der antwortete: »Unter dem Kiefernbaum da liegt Fleisch. Es ist das Fleisch eines toten Menschen.« Sie traten unter den Baum und fanden, daß da wirklich ein Mann ums Leben gekommen war.

Doch Beamte, die dummerweise gerade vorbeikamen, hielten die beiden für Räuber, die einen Menschen umgebracht hatten, nahmen sie fest und führten sie dem König vor. Die beiden sahen sich ungerecht behandelt, und sie erzählten alles, so, wie es der Wahrheit entsprach. Aber der König und die Beamten glaubten ihnen ganz und gar nicht.

Nun hatte der König unter seiner hölzernen Nackenstütze eine junge Schwalbe versteckt. Auf einmal kam die Mutterschwalbe und weinte. Der König und die Beamten sahen eine Möglichkeit, zu überprüfen, ob die beiden die Wahrheit gesagt oder aber gelogen hatten. So fragten sie: »Was bedeutet denn die Vogelstimme da?« Und der Mann, der die Vogelstimmen unterscheiden konnte, antwortete: »Laß mein Junges frei, das unter der Nackenstütze ist, laß mein Junges frei!« — und da wunderten sich der König und seine Beamten sehr, sie nickten einander zu, und die beiden wurden freigelassen.