Märchen aus Korea by tr.Hans-Jürgen Zaborowski - HTML preview

PLEASE NOTE: This is an HTML preview only and some elements such as links or page numbers may be incorrect.
Download the book in PDF, ePub, Kindle for a complete version.

47.  Der junge Zauberer




In alten Tagen lebte in einem armen Haus ein junger Mann, der dachte lange darüber nach, wie er es denn anstellen müsse, reich zu werden. Da kam irgendein Alter zu dem jungen Mann. »Hast du schon was gelernt?« fragte der, und der junge Mann antwortete: »Natürlich!« Da sagte der Alte nur ärgerlich: »Ach ...«, und verschwand.

Der junge Mann konnte sich nicht denken, warum der Alte eigentlich ärgerlich geworden war, er stieg auf einen Berg und setzte sich dort nieder, um in aller Ruhe zu überlegen. Da kam der Alte wieder und fragte ihn noch einmal: »Hast du schon was gelernt?«, und diesmal antwortete der junge Mann: »Nein, ich habe noch nichts gelernt, aber ich möchte gern viel lernen.« Der Alte gebot ihm, mit ihm mitzugehen.

Sie kamen in einen Tempel, dort folgte er dem Alten in ein Zimmer. Vom Tisch dort nahm der ein Buch, das sollte der junge Mann sorgfältig studieren. Drei Jahre las er darin, dann dachte er: > Jetzt habe ich genug gelernt<, und wollte dem Alten seinen Abschiedsgruß entrichten und ihn verlassen. Der aber sagte: »Ich will dich noch etwas viel Besseres lehren.« Von da an übte sich der junge Mann in der Zauberkunst. In nur drei Monaten hat er ganz leicht alles gelernt.

Nun sagte er wirklich dem Alten Lebewohl und kehrte nach Hause zurück. Überglücklich empfing ihn der Vater. »Wir haben geglaubt, du seist gestorben, und jetzt bist du doch lebend zurückgekommen.« Freudentränen rannen seine Wangen hinunter.

In der Zwischenzeit aber, das mußte der junge Mann nun erfahren, war die Mutter verstorben. Wie hart traf das den jungen Mann! »Mutter, Mutter!« schluchzte er, stürzte zu Boden und beweinte sie lange.

Als es Abend wurde und er sich zum Schlafen hinlegen wollte, da sah er erst, wie arm das Haus war: In der Decke war ein Loch, durch das der Himmel hereinschaute, und an der Wand konnte man sehen, daß es hereingeregnet hatte. Der junge Mann sprach zum Vater: »Ich will mich morgen in ein paar Schüsseln verwandeln, die bringt zum Markt und verkauft sie dort.« Der Vater schimpfte ihn ganz schön aus. Da berichtete er seinem Vater von Anfang bis Ende, was mit ihm geschehen war, und dann meinte der Vater: »Ja, wenn das so ist, will ich schon machen, was du sagst.«

Als der Morgen dämmerte, brach der Vater auf, um auf dem Markt seine Schüsseln zu verkaufen. Viel Geld erlöste er dafür, damit kehrte er zurück, baute sein Haus neu, kaufte viel zu essen und neue Kleider, die zog er an.

Dann tauchte der Sohn wieder auf und machte noch einmal den gleichen Vorschlag. Der Vater bekam Spaß an der Sache, wieder ging er zum Markt, verkaufte seine Schüsseln und wurde so langsam ein steinreicher Mann. So trieben es die beiden, bis — eines Tages jemand, der eine solche Schüssel gekauft hatte, herumschrie und heulte: »Ich bin betrogen worden!« Gerade da kam — welch ein Zufall — der Alte vorbei, und er fragte nach dem Grund.

Als er die Geschichte gehört hatte, meinte er: »Ich weiß Bescheid!«, kaufte sich auch gleich eine solche Schüssel, nahm sie mit in eine Schmiede, dort band er sie fest, machte Eisen heiß und wollte es gerade in die Schüssel gießen, aber da verwandelte sich die Schüssel in einen Kranich, der davonflog. Der Alte verwandelte sich in einen Adler und verfolgte den Kranich — der aber verwandelte sich in ein winziges Reiskorn, das in irgendeinem Haus zwischen den Brettern des Fußbodens verschwand. Der Alte verwandelte sich in ein Huhn, kkok kkok machte das, schlüpfte unter die Bretter — da verwandelte sich das Reiskorn in einen goldenen Ring, der stak an der Hand der Tochter dieses Hauses. Der Alte verwandelte sich in einen Mann, sagte: »Gib gleich den Goldring her!« — da wurde aus dem Goldring wieder ein kleines Reiskorn, das rollte über den Boden. Der Alte wurde wieder ein Huhn und suchte nach dem Reiskorn.

Da, blitzschnell, wurde aus dem Reiskorn ein Adler, der schnappte sich das Huhn, in das sich der Alte verwandelt hatte, und tötete es. Dann wurde aus dem Adler wieder der junge Mann von früher, er ging zu seinem Vater nach Hause, und die beiden lebten glücklich und zufrieden miteinander.