Märchen aus Korea by tr.Hans-Jürgen Zaborowski - HTML preview

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59.  Wie einer mit einer Schüssel Hundesuppe sein Glück machte




In alten Tagen lebte einmal ein alter Holzfäller. Er hatte keine Eltern mehr, auch keine Geschwister, lebte ganz allein. Sein Herz war gut, er war ein Mensch ohne jede Habgier. Jeden Tag fällte er Bäume, verkaufte das Holz und konnte immer nur geradeso seinen Hunger stillen. Viel Mühsal hatte er zu ertragen, aber er machte sich keine Gedanken darüber. An einem Tag nun fiel dicker Schnee, er dachte sich zwar: >Das ist ja ein Wetter, bei dem man am besten zu Hause bleibt< — aber so was konnte er sich einfach nicht leisten, weil es sonst nämlich zu schwer würde, die nächste Mahlzeit zu verdienen.

In den Bergen war es noch kälter, er trotzte allem Wind und Wetter, machte eine Last Holz und schickte sich an, wieder ins Tal hinabzusteigen. Doch stand da nicht am Berg, da, wo der Wind am schlimmsten blies, ein alter Mann? Er besah ihn sich genau. Der Holzfäller dachte sich, der Alte muß doch ganz schön frieren. »Ihr, warum bleibt Ihr denn an einem so kalten Platz stehen? Geht doch dahin, wo es ein wenig wärmer ist!« — »Ich bin ein Mensch, der sich nicht hinstellen kann, wo kein Wind weht.«

Der Holzfäller dachte darüber nach, was der Alte ihm da gesagt hatte. >Ach, da gibt es doch tatsächlich Menschen, die ein noch kläglicheres Schicksal tragen müssen als ich! Auch wenn ich nur ein armer Holzfäller bin, kann ich doch wenigstens, wenn es Nacht wird, unter einem Dach der Kälte entgehen.<

Er kam zum Marktplatz und verkaufte all sein Holz zu einem guten Preis. Doppelt so viel als sonst erlöste er dafür. Frohen Mutes machte er sich auf den Heimweg. Unterwegs kehrte er in einem Gasthaus ein, das bekannt war für seine gute Hundesuppe. Früher hatte er nicht einmal an so etwas zu denken gewagt, aber heute, hatte er nicht etwa viel Geld eingenommen? Eine Schüssel Hundesuppe ließ seinen Körper, der fast zu Eis gefroren war, langsam warm werden. Da dachte er an den Alten auf dem Berg, kaufte noch eine Schüssel Hundesuppe und trug sie ihm hin.

»Mein Herr, eßt das!«, aber es sah so aus, als ob der Alte sich nicht einmal besonders darüber freute. »Für mich ist das keine bekömmliche Kost, aber stell es einfach da drüben hin!« — seltsam, dachte sich der Holzfäller, aber er machte es so, wie der Alte gesagt hatte, und ging nach Hause.

Es geschah in der nächsten Nacht — als er gerade einschlafen wollte, suchte ihn jemand auf. Der Holzfäller ging hinaus, da stand der Alte vom Berg. »Ich bin ein Geist. Ich weiß, daß du ein kärgliches Leben führst und dennoch ein gutes Herz hast. Ich will deine Mühsal zu einem guten Ende bringen. Morgen gibt es in einem Haus im Dorf gegenüber ein Fest, da sollst du hingehen« — nur das sprach er und verschwand, bevor der Holzfäller auch nur ein Wort sagen konnte.

Der dachte, er habe geträumt, und kniff sich in den Schenkel — das schmerzte ganz ordentlich. Da wußte er, daß er wach war, nicht geträumt hatte. Das Haus, wo es am nächsten Tag das Fest geben sollte, das kannte er genau. Es war das ein Haus, dessen Feldarbeiter ihn einmal, als er vom Holzfällen kam und seine Last Holz auf dem Rücken hatte, um Haaresbreite in große Schwierigkeiten gebracht hätten. Weil das dies Haus war, konnte er sich kaum vorstellen, was der Alte mit ihm vorhatte. Aber der mußte seine Gründe haben, also entschloß er sich, doch hinzugehen.

Dieser Alte aber ist vom Haus des Holzfällers geradenwegs zu diesem Festhaus gegangen. Er rief nach dem Hausherrn. »Morgen wird der Holzfäller hierherkommen, nehmt ihn ja gut auf, sonst werde ich dafür sorgen, daß Euch etwas Schlimmes widerfährt!« Und bevor der Hausherr auch nur fragen konnte, was das denn solle, war er verschwunden. Das ist recht eigenartig, dachte der Hausherr, aber er rief seine Feldarbeiter zusammen und befahl ihnen: »Wenn morgen der und der Holzfäller kommt, bringt ihn gleich zu mir!«

Am nächsten Morgen ging der Holzfäller, eine Last Holz auf dem Rücken, zum Festhaus. Die Feldarbeiter empfingen ihn ganz zuvorkommend. Er fürchtete, das dicke Ende könnte ganz schnell kommen, aber bewahrte trotzdem Haltung. Der Hausherr hatte sich schon überlegt, was er denn mit dem Holzfäller anfangen sollte. »Bleib du hier, ich will dir so viel Land geben, daß du einen Sack Reis für dich hast.« Der Holzfäller hielt das für eine leichtere Arbeit als die, die er bis dahin getan; gleich sagte er zu.

Sehr fleißig arbeitete er, und weil er sich viel Mühe gab, erntete er doppelt so viel wie die anderen. Drei Jahre ging das so, er wurde ein wohlhabender Mann. Überall in der Nachbarschaft sprach man davon, daß er so schnell reich geworden war. In dieser Gegend gab es einen habgierigen reichen Kerl, als der auch davon hörte, hatte er keine ruhige Minute mehr, er suchte den ehemaligen Holzfäller auf und fragte, wie er denn das geschafft hatte.

Arglos erzählte der alles von Anfang an. Als der Habgierige nach Hause zurücklief, dachte er bei sich: >Wenn man schon für eine Schüssel Hundesuppe soviel zurückbekommt, was muß da erst herauskommen, wenn man einen reichgedeckten Tisch dorthin bringt!<

Zu Hause jagte er seine Frau herum, ließ sie alle möglichen Speisen vorbereiten, die brachte er an die windige Ecke dort am Berg. »Stell alles hin und geh!« sagte der Alte zu dem Habgierigen und nicht mehr. Der hatte sich für seine Speisen so viele Wohltaten erhofft. Ganz in Gedanken über das viele Glück, das nun über ihn kommen mußte, kehrte er zu seinem Haus zurück.

Am Abend, es war ja auch nicht anders zu erwarten gewesen, kam der Alte. »Hast du mir die Speisen gebracht, weil du keinen Sohn hast? Oder weil du nicht genug Felder hast? Was fehlt dir denn? Was willst du denn noch mehr? Bis jetzt hast du gut gelebt, aber dein Herz ist schlecht. Von nun an will ich dir dein Glück wegnehmen!«

Statt ihm die erhofften Wohltaten zu bringen, hat der Alte so den Habgierigen verflucht, gleich war er wieder verschwunden. Alles wendete sich zum Schlimmen, die Kinder starben eines nach dem anderen, die ganze Familie, alle an einer Krankheit, deren Namen keiner kannte.