Die Kantaten Johann Sebastian Bachs zum Sonntag Jubilate by Axel Bergstedt - HTML preview

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Die Kantatentexte im Vergleich

Grundlage der Kantate ist ein Text, der in der Regel (so auch nach dem Stand derzeitigen Wissens in unseren drei Fällen) vor der Musik fertiggestellt war.¹ Diese Texte wurden von Textdichtern der damaligen Zeit oft ausdrücklich für die Verwendung an einem bestimmten Sonntag geschaffen und konnten von den Komponisten ausgewählt werden. Außer der Qualität des Textes mochten auch Bekanntschaften, regelmäßige Zusammenarbeit mit einem Dichter oder Anweisungen und Empfehlungen Dritter dazu führen, dass eine bestimmte Poesie zum Kantatentext gewählt wurde. Jedenfalls stehen wir heute vor der Tatsache, dass unseren drei Kantaten drei Texte zugrunde liegen, die von fremder Hand gemacht worden sind, wobei Bach aber zum Teil noch geringfügige Änderungen vorgenommen haben könnte.²

Vergleicht man die der Kantate zugrunde gelegten Texte miteinander, fallen sofort einige Gemeinsamkeiten ins Auge.

Schon äußerlich haben die Texte ähnlichen Umfang und haben mit sechs bzw. in der

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¹ Ausnahmen hiervon sind Kantaten, die im Parodieverfahren in der Art hergestellt worden sind, dass der Textdichter die für die Parodie bestimmte Kantate kannte und auf die Musik einen neuen Text dichtete, der dann oft angeregt durch die Vorlage Ähnlichkeiten aufweist, die weit über Reimschema und andere Äußerlichkeiten hinausgehen. Sehr unterschiedlich kann das Entstehen auch dann sein, wenn der Komponist sich die Texte selbst aus Bibelstellen und Choralbuch zurechtsucht und zurechtmacht, wie dies bei Choralkantaten, Frühwerken der Mühlhausener Zeit und vorgenommenen Einschüben und Erweiterungen bzw. Änderungen wie z.B. Herz und Mund und Tat und Leben (BWV 147) der Fall sein könnte.

²Vergleiche z.B Kantate 103,4 mit dem Original

Ich traue dem Verheißungswort,

dass meine Traurigkeit

und dies vielleicht in kurzer Zeit

nach bäng- und ängstlichen Gebärden

in Freude soll verkehret werden.

Ferner stammt auch die Auswahl der Schlusschoralstrophe oft von Bach selbst.

Kantate BWV 146 incl. Schlusschoral sieben Abschnitten ähnliche Proportionen¹. Jede Kantate enthält ein Bibelzitat zum Sonntag Jubilate. Die Kantaten BWV 103 und 146 beginnen mit diesem Zitat, während die BWV 12 als älteste der drei Kantaten den Bibelvers an zweiter Stelle bringt. Während BWV 103 den Satz "Ihr werdet weinen und heulen". ..aus dem Evangelium des Tages entnimmt, zitieren die anderen beiden Kantaten aus Apg. 14, 22 "Wir müssen durch viel Trübsal in das Reich Gottes eingehen." Diese Worte sind passend zum Thema des Sonntages vom Textdichter ausgewählt worden. Es ist sozusagen die Verbindung zur biblischen Aussage des Sonntages, die im Evangelium und in der Epistel sowie im Idealfalle im ganzen Gottesdienst verkündigt wird. Es ist der Weg durchs Leben, der durchs irdische "Jammertal" führt, in dem die Menschen Leiden erwarten. Der Trost erfolgt durch Jesus, der den Menschen Trost im Unglück und Schirm vor allem Bösen ist oder der - wenn man die effektive Hilfeleistung im Leben eher skeptisch beurteilte,- zumindest mit der Aussicht auf ein besseres Leben nach dem Tode den Menschen aufbaut. Die drei Kantatentexte sind sich dabei in der Tatsache, dass das Leben auf der Erde schwer ist, vollkommen einig. Die BWV 12 schreibt deutlich, dass das Leben der Christen aus Trübsal, Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen, Angst und Not besteht. Die BWV 103 verweist nach dem Eingangswort aus Apg. 14, 22 beispielhaft auf den Schmerz, wenn wie im Evangelium prophezeit (Vers 16) der Liebste (Jesus) entrissen wird. Durch das

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¹ Der Schlusschoral ist nur in Melodie überliefert. Er lautet bei Werner Neumann, Sämtliche von J.S. Bach vertonten Texte (Leipzig, 1974):

Ach, ich habe schon erblicket

diese große Herrlichkeit,

jetzo werd ich schön geschmücket

mit dem weißen Himmelskleid,

mit der güldnen Ehrenkron'

steh ich da vor Gottes Thron'

schaue solche Freude an,

die kein Ende nehmen kann.

Bei Peters: Lob und Dank sei Dir gesungen, Vater der Barmherzigkeit (2.Strophe von "Werde munter, mein Gemüte) Wustmann schlägt die 9. Strophe von Gregorius Richters Lied "Lasset ab von euren Tränen" vor: Denn wer selig dahin fähret. (Vergl. S. 69 sowie Dürr S.268)

Wort "Liebster" drängt sich einem gleich der Vergleich mit dem Schmerz auf, den man empfindet, wenn der liebste Mitmensch von einem gerissen wird. Die Zeit der Angst ist hier speziell die Zeit der Gottes- ferne, die im Evangelium Vers 16 beschrieben wird. Da ich gewiss bin, dass Jesus wiederkehrt, will ich mich trösten und freuen, wobei die Zeit der Abwesenheit im Schlusschoral zu einem "Augenblick" verniedlicht wird. Die eigentliche Umkehr zur Freude wird also eschatologisch gesehen, aber die Erwartung der Freude tröstet mich schon jetzt, so dass die "betrübten Sinnen" sich erholen können und die Traurigkeit aufhören mag.

Hierbei wird nicht weiter darauf eingegangen, ob in der Gottesfer