Die Kantaten Johann Sebastian Bachs zum Sonntag Jubilate by Axel Bergstedt - HTML preview

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Die Textdichter der Kantaten

Zur Zeit Bachs war es geradezu eine Modeerscheinung geworden, dass Dichter auch geistliche Kantatentexte veröffentlichten. Daher entstammten diese nicht notwendiger Weise einem tiefreligiösen Umfeld, obwohl die für heutige Ohren sehr pietistischen Texte das zunächst vermuten lassen. Bekannt ist zum Beispiel das Leben Picanders, (Christian Friedrich Henrici) der - bevor er geistliche Texte schrieb - für seine Schlüpfrigkeiten berüchtigt war.¹

Von allen drei Kantaten liegt uns nur der Textdichter der Kantate 103 "Ihr werdet weinen und heulen" vor. Es ist die Dichterin Mariane von Ziegler. Die in Leipzig 1695 mit dem Mädchennamen Christane Mariane Romanus geborene Dichterin entstammt großbürgerlichen Kreisen. Ihr Vater war kurfürstlicher Appellationsrat und wurde später Bürgermeister in Leipzig. Mit knapp 16 Jahren heiratet sie bereits Heinrich Levin von Könitz, der jedoch bald darauf stirbt. Vier Jahre nach ihrer ersten Eheschließung (1715) heiratet sie den Hauptmann Georg Friedrich von Ziegler, der jedoch auch bald stirbt. 1722 ist sie bereits wieder im Elternhaus zu finden, wo sie sich ihrer Kunstliebe zu widmen beginnt. Außer dichten spielt sie Clavichord, Laute und Querflöte. Einheimische und fremde Künstler sind in ihrem Haus zu Gast.

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¹Vergl. sein Gedichtband: "Des Jungfräuleins Pflichten" 1908. z.B. "...dass der Herr nicht hungrig ins Bette geht, das Mägdlein artig vor ihm steht.

Legt um seinen Leib ihre weißen Schenkel

und legt das Händchen fein auf seinen großen Senkel

stößt er sie hart, stößt er sie sachte,

des Glückes Füllhorn er ihr brachte;

So scheint das Mägdlein ganz vergnügt

und spricht: So hat's sich recht gefügt...“

²Vergl. Dürr: Die Kantaten von J.S. Bach, S. 48 ff

1723 oder 1724 kommt Johann Christoph Gottsched¹ nach Leipzig, der ähnlich wie vorher Neumeister feste Regeln für die Dichtkunst zu schaffen suchte, aber vielmehr darin von rationalem Vernunftdenken der Aufklärung geprägt ist. Nach einigen Jahren als Privatdozent wird er 1730 Professor der Poesia und 1734 der Logik und Metaphysik. Die Begegnung mit dem aus einem ostpreußischen Pfarrhause stammenden Dichter, der gleich 1724 den Kampf gegen die Schlüpfrigkeiten Picanders literarisch aufnahm und diesen übrigens erst dadurch dazu brachte, geistliche Texte zu schreiben, scheint auch sie zu inspirieren, jedenfalls erscheinen im Folgenden von ihr weitere Werke.

Bach begann seine Zusammenarbeit mit ihr am Ende seines zweiten Amtsjahres 1724/25 in Leipzig, also der Zeit des Kantatenjahrganges II. Bach hatte zunächst seit dem 1.Sonntag nach Trinitatis 1724 bis Ostern 1725 nur Choralkantaten geschrieben, dann aber, ohne den Jahrgang zu vollenden, ohne bekannte Gründe davon abgelassen und nach einigen anderen Vorlagen sich des Büchleins "Versuch in Gebundener Schreib-Art" derer von Ziegler mit neun Kantaten daraus in Folge angenommen. Den Beginn dieser Zusammenarbeit, die sich in späteren Jahrgängen nie mehr wiederholen sollte, machte drei Wochen nach Ostern diese Jubilate-Kantate.

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¹ Gottsched, 1700 - 1766, gilt als ein Wegbereiter der Aufklärung und mit Karoline Neuber zusammen als Bahnbrecher des deutschen Schauspiels nach dem Vorbild des klassischen französischen Dramas. Sein maßgebliches Werk zu Ersterem ist die "Kritische Dichtkunst“.

Nach Leipzig kam er laut Dürr (5.64) 1724, Walter Blankenburg hingegen setzt 1723 an. (Aufklärungsauslegung der Bibel in Leipzig zur Zeit Bachs. Zu Joh. Christoph Gottscheds Homiletik, S. 97. Enthalten in: Martin Petzoldt: Bach als Ausleger der Bibel, Göttingen 1985). Blankenburg beurteilt die mit Bach verbindenden Kontakte des Dichters, der bereits 1714 in Königsberg Theologie und später auch Philosophie, Mathematik und Naturwissenschaften studiert hatte, im Gegensatz zu Dürr eher als sehr gering.

Bach hat tatsächlich Texte von Gottsched lediglich in der weltlichen Kantate BWV 198 (Laß, o Fürstin, laß noch einen Strahl) zu einer ganzen Kantate verarbeitet.

Für die Kantate BWV 146 ist der Textdichter unbekannt, während wir für BWV 12 zumindest mit einiger Wahrscheinlichkeit den Textdichter Salomon Franck annehmen dürfen. Franck war der repräsentative Dichter des Weimarer Hofes seit frühestens 1694. Ca. ab 1710 benutzt er formal einen Übergangstyp, der zwar durch Neumeister beeinflusst ist, aber im Gegensatz zu ihm von Anfang an auch ein Bibelwort beinhaltet, dafür aber zunächst keine freien Rezitative bringt. Typisch ist die Form für die ersten drei¹ erhaltenen Kantaten des Bach’schen Jahrgangs 1714: BWV 182 (Himmelskönig, sei willkommen), BWV 12 und BWV 172 (Erschallet, ihr Lieder), die alle aus freiem Eingangschor, Bibelwort (als Arioso oder Rezitativ vertont), drei