Ein schlauer Fuchs, voll lebhafter Begierde nach Nahrung, war in eine Grube gefallen. Wie sehr er sich auch anstrengte, ein Entkommen war schwer, ja unmöglich. Der Fuchs versuchte es immer wieder, sprang in die Höhe, konnte aber, da die Grube sehr eng war, keinen Anlauf nehmen und fiel sofort wieder zu Boden. Schließlich war er todmüde und gab das nutzlose Springen auf. Nun überlegte er hin und her, wie er der Grube entkommen könne und war schon in Sorge, daß es mit ihm zu Ende ginge, als er oben am Rande der Grube einen Bären vorbeischleichen sah.
Höchst erfreut rief er schnell: »He, Bär, höre auf meine wohlmeinenden Worte! Ich habe an diesem Orte so viel zu fressen, daß ich es allein nicht schaffen kann. Auch die Lage ist sehr ruhig und angenehm, darum bin ich hereingesprungen, komme aber allein nicht mehr hinaus. Komme deshalb auch du herein zu mir, besieh es dir und verzehre das noch übrige Hennenfleisch. Wenn du dich bückst, steige ich oben auf deinen Rücken, und bin ich dann draußen, so will auch ich dich auf gleiche Weise herausbringen.«
Der so unkluge Bär dachte nicht weiter nach, wie er selbst später herauskommen würde, sondern sprang, lüstern nach dem Fressen, mit einem Satze in die Grube. Der Spitzbube von einem Fuchs aber überließ ihm gerne das übrige Hennenfleisch mit den Worten: »Da friß das ganze Fleisch, ich bin vollständig satt. Jetzt aber bücke dich schnell!«
Wirklich ergriff der Bär das Fleisch, lehnte sich an die Mauer und bückte sich. Mit einem Satz war der Fuchs auf dem Rücken des Bären und kam so leicht aus der Grube heraus. Schadenfroh rief er nun nach unten: »Dummer Bär, bedenkst du nicht, daß ich zu schwach bin, um dich zu tragen und dir aus der Falle zu helfen? Du mußt schon sehen, wie du allein fertig wirst! Ich danke dir für deine Hilfe!«
Dann entfloh der schlaue Fuchs und blieb am Leben, den Bären aber ließ er elendiglich umkommen.
Der Lehrer schwieg. Als die Kinder in die Hände klatschten und ein anerkennendes »tschot’a, tschot’a« riefen, wandte sich der Lehrer an einen der Knaben und fragte: »Tongburi, welche Lehre können wir nun aus dieser Erzählung ziehen?«
Der kleine zehnjährige Tongburi dachte eine Weile nach, dann sagte er: »Sonsängnim (Herr Lehrer), ich glaube, man soll nichts unüberlegt tun, sondern stets an die Folgen denken.«
»Olt’a, recht so!« lobte der Lehrer. Er fuhr dann fort: »Die Gier nach Fressen hat sowohl den Fuchs, als auch den Bären in die Grube gelockt. Wer nur an den Leib denkt, geht immer zugrunde. Denkt daran, daß wir im tschon-dscha-kyong (‚Tausend Zeichen-Buch‘) zuerst ,hanal-tschon (Himmel)‘ und dann erst ,da-dschi (Erde)‘ gelernt haben!«
Aufmerksam hatten die Kinder zugehört. Jetzt fuhr der Lehrer fort und sagte: »Und nun vernehmt eine andere Fabel!«