Unter dem Odong-baum, Koreanische Sagen und Märchen by Tr.​Andrea Eckardt - HTML preview

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DER DUMME BÄR

 

Jemand auf dem Lande hatte einen jungen Bären aufgezogen, der sehr an seinem Herrn hing und ihm überall hin folgte. Eines Tages ging der Landmann auf sein Reisfeld; das am Rand eines Waldes lag, um Unkraut zu jäten — der Bär aber trollte hinterdrein.

Nachdem nun der Herr seinen mittägigen Reis gegessen hatte, legte er sich, müde von der Arbeit und der Sonnenhitze, unter einem dichtbelaubten Odongbaum nieder und schlief ein.

Der Bär saß daneben und wachte. Da sah er, daß sich in einem fort Fliegen aufs Gesicht seines Herrn setzten. Zuerst verscheuchte er sie mit seinen Tatzen, doch die Fliegen kehrten immer wieder. Nun überlegte der dumme Bär: ‚Eine ganze Weile hindurch habe ich schon die bösen Fliegen verjagt, und immer kommen sie wieder. Wie muß ich es wohl anstellen, daß sie ganz fern bleiben? Wenn ich alle auf einmal totmache, dann wird unser Herr gewiß gut schlafen!‘

So sprach er für sich, ging fort, umklammerte mit den beiden Vorderfüßen einen großen Stein und warf ihn wuchtig auf das Gesicht seines schlafenden Herrn. Dieser aber war auf der Stelle tot.

Zu spät erkannte der Bär seine törichte Handlungsweise und trottete traurig in den nahen Wald.

Stillschweigend hatten die Knaben zugehört. Als nun ihr Lehrer die Erzählung beendet hatte, waren sie über das Los des armen Bauern tief betrübt und riefen ein über das andere Mal ihr »aigo, aigo, wehe, wehe!«

Pak sonsäng freute sich der mitfühlenden Gesinnung der Kleinen und belobte sie, sodann fügte er seiner Fabel von selbst die Nutzanwendung bei: »Blicken wir auf das Verhalten des Bären, so sehen wir das Sprichwort bestätigt: ,Ein dummer Freund ist weniger wert als ein schlechter‘. Vertraut euch darum nie einem dummen Menschen an!«

Der Lehrer ließ einen Schüler die Fabel wiederholen, während er selbst eine Pfeife rauchte. Sodann begann er zu erzählen.